Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

_Hiſtoxiſche Novelle von Vanne v. Spielberg. 111

frauen haben au< tü<htig na< ihm geſchielt, 8 iſt aber no< Keiner geglü>t, den Spröden zu feſſeln oder zu fangen !“

Der Schultheiß ſchien niht übel Luſt zu haben, no< Einiges von ſeinem jungen Freunde Hermann Kerſten und den Umgarnungêverſuchen der ſchönen Elbingerinnen zu ex= zählen, da trat, beſcheiden anflopfend, Veit in’s Gemach und berichtete, daß Seine Hochwürden, der Komthur, den Herrn Schultheißen zu ſpre<hen wünſche.

Sofort ſprang Jenex auf.

„Schnell meinen Mantel und mein Schwert, Veit. Das muß ja eiwas beſonders Wichtiges ſein, was noch ſo ſpät am Abend verhandelt werden foll. Leg? Dich nur zur Ruhe, mein Kind, brauſt nicht auf mein Rückom= men zu warten,“ wandte er ſi<h zu ſeiner Tochter und füßte ihr die weiße Stirn.

Eine Viertelſtunde ſpäter ſtand ex bereits vor dem Komthur. Es war derſelbe Winrich v. Kniprode, der nicht lange darauf die erledigte Hochmeiſterſtelle erringen follte, und unter deſſen ruhmvoller Herrſchaft dex Orden den Gipfel feiner Macht, und das Ordensland Preußen jene Bedeutung und jenen Wohlſtand erreichte, die es zu einem dex blühendſten Theile des deutſchen Reiches machten. Ex war ſchon damals als Komthur der Burg Schwez nicht mehr jung; der mächtige lang herabwallende Vollbart färbte ſich bereits grau, aber das edelgeſchnittene Geſicht mit den feurig bli>enden offenen Augen ſchien die Jahre Lügen ſtrafen zu wollen, und die hohe Geſtalt, wie ſie jeht im faltenreichen weißen Mantel vor dem Schultheiß ſtand,