Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

Novelle von Adolph Katſch, 151

Die junge Frau, welche ſih meiner mütterlich annahm, mi hegte und pflegte und thr Leben lang darbte, um mix eine gute Erziehung geben zu fönnen, gab mix den Namen Karl, denn ſo Hatte ihr verſtorbenes Söhnlein geheißen; und dex Pfarrer fügte die beiden Namen Eli und Bernard hinzu, entſprechend den beiden Namen, welche ſi<h auf den Medaillons vorfanden. Unter dieſen Namen bin ih in das Kirchenbuch eingeiragen, in wel<hem au<h über die näheren Umſtände, unter welchen i<h zur Welt kam und gefunden wurde, der entſprechende Vermerk gemacht wor= den iſt.“

„Und Sie haben nie den Verſuch gemacht, die Familie, aus der Sie abſtammen, zu entde>en?“ fragte der General. „Die Wappen auf den Ringen hätten Sie dabei wohl auf die ri<htige Spux leiten können.“

„Nein, Eure Excellenz!“ entgegnete ih. „Und wenn mix dann und wann auch dieſer Gedanke auftauchte, fo mußte er wieder zurücfgedrängt werden. Um dergleichen Spuren aufzuſuchen und zu verfolgen, namentlich in einem fremden Lande, muß mán Geldmittel beſißen. Für das „tägliche Brod zu ſorgen, lag mir näher. Und ſelbſt dann, wenn ich eine ſolche Spur gefunden hätte, und hingetreten wäre vor meine Familie und geſprochen hätte: „Da bin ih, nehmt mi<h auf in Euxe Mitte und gebt mir mein Erbe! Würde man mi nicht vielleicht als einen Betrüger betrachtet und durch langwierige Prozeßverhandlungen unter= drüdt haben? — Nein, wenn es mir au< heute no< traurig genug ergeht, werde ih mi< durcharbeiten mit Kopf, Herz und Hand, zu einer befriedigenden Exiſtenz.“