Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

202 Neujahrsbräuche.

hergeſtellt. und am erſten Tage des Jahres an Familien= angehörige, Freunde und Bekannte verſendet werden, haben bereits eine ältere Geſchichte, als wohl die Meiſten glauben, die ſie heute benüßen, denn ihre Anfänge gehen bis in die Wiegenzeit der älteſten der reproduzirenden Künſte, der Holzſchneide= und der Kupferſteherkunſt zurü>. Fm Jahre 1439 erſchien der erſte (natürlich mit Holztafeln) gedru>te Kalender, und bald darauf verkaufte man au< gedru>te Neujahrêswünſche. Das Verlangen, den Angehörigen und Treunden beim Jahreswechſel ein das ganze Jahr über ſichtbares Zeichen der dargebrachten Glü>wünſche überreichen zu fönnen, veranlaßte die Formſchneider und Briefmaler, ſich mit dex Herſtellung von Neujahrswünſchen zu befaſſen. Dex älteſte uns bekannte gedru>te Neujahrswunſ<h iſt ein Kupferſtih vom Jahre 1466; auf einer ſehr reich gehaltenen Blume von phantaſtiſcher Form ſteht das Chriſtuskind, das ein Spruchband hält mit der Umſchrift: „Ein gout ſelig jor (Jahr). “ Jm 15. Jahrhundert wurden die Neujahr2= wünſche mitunter auh mit den Wandkalendern verbunden und ſtanden dann an der Spiße derſelben. Einen ganz anderen Charakter zeigen die Neujahr8wünſche des 17. Jaÿr= hunderts, als an Stelle der verfeinerten Sitte und des friſchen Volkslebens des vorhergehenden Jahrhunderts, ſowie der Vexrwilderung während des dreißigjährigen Krieges ein ſteifes, ceremonielles Weſen getreten war. Die religiöſen Darſtellungen verſchwanden; an ihre Stelle traten die daz mals ſo überaus beliebten Allegorien, während ſ<hwülſtige, oft überſ<hwängliche Verſe den eigentlichen Glü>wunſch ent= hielten. Eine vollſtändige Umwälzung auf dem Gebiete