Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
222 Die Stadt Peter's des Großen. :
Wirx überſchreiten no< einmal den NewskizProſpekt und wenden uns dem Jnneren der Stadt zu. Es iſt Winter; der unfreundliche, naßtalte Herbſt iſt gewichen, ſein unver= meidlicher Begleiter, dex zollhohe Schmut, iſt verſ<hwun= den, feſte glatte Schneebahn bede>t das Pflaſter, und Tau= fende von leichten Schlitten beleben die Straßen. Noch iſt es niht empfindlich falt, die Nafen der Spaziergänger beweiſen es, denn ſie bliden munter und röthlih angehaucht aus dem föſtlichen Pelzwerk heraus, das man in ſolcher Reichhaltigkeit nux in Petersburg ſieht. Aber es iſt doh falt genug, um die Winterverproviantirung der Haubt= ſtadt vornehmen zu können; überall ſieht man lange Schlii= tenxethen mit Vorrath für Menſch und Thier beladen daz herziehen, und wenn wix auf unſerem Gang dur< die
- Stadt den Heumarft paſſiren, erbli>en wir ganze Berge von gefrorenem Fleiſch aufgethürmt. Die Theehäuſer und Schenken machen gute Geſchäfte, beſonders die leßteren, denn es iſt Leider Thatſache, daß in Petersburg jährlich jeder Einwohner durchſchnittlich für 20 Rubel Spirituoſen ver= braucht; aber ihr Hauptgeſchäft konzentrirt ſi<h doh auf die Feſtwochen, beſonders auf die Zeit der „Butterwoche“ und auf die Oſterwoche. Dieſe Zeit tvird von Alt und Jung, von Arm und Reich dur<jubelt und durchtobt; die Theater geben täglich doppelte Vorſtellungen, auf den öffentz lichen Plähen find Karouſſels, Menagerien, Schaukeln und Panoramas aufgefahren, und Rieſen und Zwerge, Bänkel= fänger und Tauſendkümnſtler produciren ſi< in buntem Durcheinander. Auf dem ſpiegelglatten Eiſe der Newa ent= faltet ſich das bunteſte Leben; die feine Welt gleitet auf