Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
6 Klippen des Glüds.
Egon hatte bisher ſchwrigend der traurigen Erzählung gelauſcht, die Darſtellung des Brandunglü>c3 in Schloß Oſternau, des Todes des Herrn v. Oſternau hatte ihu tief ergriffen, jeßt aber, als Storting Frißchens Namen aus= ſprach, durchzuctte ihn ein jähexr Schre>. /
„Frißchen todt!“ rief ex aus. „Welch? grauenhaftes Geſchi&! Und der Lieutenant wurde ſein Erbe? Hatte der unglü>lihe Vater auf dem Sterbebett eine Vorahnung gehabt?“ Z
„Nein, Hexx v. Ernau,“ erwiederte Storting ernſt, „wie groß au< die Schuld des Herrn Lieutenant v. Oſternau ſein mag, Frißchens Tod verſchuldet er nicht. Dex tü>iſ<hen Kinderkrankheit, dem Scharlachfiebex, iſt Fribchen zum Opſer gefallen. Drei lange Wochen hat ex auf dem Krankenbett gelegen, Fräulein Lieschen hat ihn gepflegt mit einer Liebe, einer Ausdauer und einem Muthe ohue Gleichen. Sie iſ Tag und Nacht niht von feinem Bette gewichen, obgleich ihr der Arzt ſtreng befahl, ſie ſolle ſich der Anſte>kung nicht ausſeßen, da ſie ſelbſt das Scharlachfieber noh nicht gehabt habe. Sie iſt Fribchens einzige Pflegerin geweſen in der ganzen traurigen Zeit, deun Frau v. Oſternau lag ſelbſt ſ{hwer krank darnieder. Fräulein Lieschen ſaß unermüdlih während der langen Tage und Nächte zwiſchen den beiden Betten, in ihren Armen hat Fribchen den leßten Athemzug au8gehaucht.
Nach Frißchens Tode war der Lieutenant der Crbe der Majoratêgüter, fein Recht war unbeſtreitbar; nur auf das Privatvermögen des verſtorbenen Herrn v. Oſternau hatten deſſen Frau und Tochter einen Erbanſpruch, aber dies