Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
Von Georg Jachmann. 213
Regen in die Traufe zu bringen und dem ſenſations= luſtigen Publikum über Malherbe und ſeinen viel beſpöt= telten Geiz etwas Neues zum Lachen zu geben. Doch traf dieſe Hoffnung zum Glü> für den hart geprüften Chaz pelain niht ein, denn das ſcharfe Auge Malherbe'3 erkannte in wenigen Tagen, daß der junge Mann mit ſeinen Kenntniſſen und ungewöhnlichen Geiſtesgaben denn doh zu gut für einen Diener ſei. Ex empfahl ihn infolge deſſen der Marquiſe de la Trouſſe zum Lehrer ihres Söhn= chens. Zugleich gab ex ſi alle Mühe für das Fortfom-= men Chapelain’s, deſſen poetiſches Talent ihm namentli< der Ermunterung. werth ſchien; ex ſah deſſen erſte literariſche Arbeiten durch, ließ die erſten Oden deſſelben drucken, machte ihn mit ſeinen gelehrten Freunden betannt und hielt bis an ſeinen Tod im Jahre 1628 ſeine ſ{üßende Hand über den jungen Dichter. Das wichtigſte Ereigniß für Chapelain’s Zukunft war es dabei, daß ſein väterlicher Freund ihm au< den Verkehr mit der großen Welt erſ<loß, indem er ihn der Marquiſe v. Rambouillet empfahl.
Das Haus der Marquiſe v. Rambouillet wax um dieſe Zeit der Sammelplaß der vornehmen Welt. Neben den Prinzen des königlichen Hauſes, den Condé und Conti, der Herzogin v. Longueville, dem Kardinal Reß und ſelbſt dem großen Nichelieu ſah man im Hotel Ram=bouiſlet auch die bedeutendſten Vertreter der geiſtigen Ariſto= fratie, wie Malherbe, Jean Louis de Balzac, Voiture, kurz die geiſtreiche Frau vereinte bei ſich einen Kreis von Män= nern und Frauen, die zu den Beſten des Landes gehörten