Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
214 Die Schule des Geizes.
und eine Zierde des Jahrhunderts bildeten. Mademoiſelle de Scudéry, die zu den täglichen Beſuchern des Palaſtes gehörte, ſchildert in ihrem Romane „Cyrus“ denſelben als einen wahren Zauberpalaſt und rühmt beſonders den blauen Salon, einen Saal mit blauen Vorhängen, blauen Mö-= beln und mit blauem, goldgeſtitem Sammt ausgeſchlagen. Neben dieſem blauen Salon befand ſi<h das Schlafzimmer der Marquiſe, das mit vergoldeten Säulen und prächtigen Gobelins geſchmüdt na< der Sitte der damaligen Zeit das Empfangszimmer der geiſtreichen Frau bildete. Der Etikette gemäß empfing die Dame des Hauſes, auf dem Nuhebett, das auf einer kleinen Eſtrade ſtand, ſißend, ihre Gäſte; die beſuchenden Damen reihten ſi< auf Seſſeln und Stühlen um die Marquiſe, während die Herren ſtan= den, oder, wenn ſie ſehr galant ſein wollten, thre Mäntel auf dem Boden vor den Schönen ausbreiteten und ſich zu deren Füßen niederließen. Fn zwangloſer Unterhaltung beſpra<h man hier die Tagesereigniſſe, die Literatur, und ab und zu die Politik, hier wurden von Dichtern thre Er= zeugniſſe vorgeleſen, gelehrte Arbeiten kritiſh beſprochen furz, das Zimmer der Marquiſe bildete das neutrale Terrain fitr den Austauſch der verſchiedenen Anſichten und Urtheile der bedeutendſten Männer der Nation.
So wenig Jean Chapelain in ſeinem Aeußeren für einen eleganten Salon zu paſſen ſchien, fo ſehr zeichnete er ſich bei dieſen Unterhaltungen bald durch ſeinen ſprühen= den Wih und ſeine ſcharfe Kritik aus. Gelehrte und Dichter wurden auf den geiſtreichen jungen Mann mik dem abſchre>enden Aeußern aufmerkſam und ſuchten ſeine