Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
Von Friedrih Zimmermann. 225
Brahmane einen heiligen Leben8wande!l geführt, gar niht mehr wiedergeboren, d. h. mit dem Brahma vereinigt werden. Dieſe einfahe und ſchöne Weltanſchauung entartete unter den Händen der Prieſter zu einem Zerrbild, zu einer entſezlichen Plage für die größte Maſſe des Volkes, denn aus derſelben leiteten die Brahmanen die Kaſteneintheilung ab. Das Brahma wurde bald perſönlich, als Gott, ge= dacht und ihm Wiſchnu und Siwa beigeſellt. Brahma lebt in allen Weſen, aber nur die Brahmanen, die Krieger= faſte und die der Aerbauern und Kaufleute find aus ſeinen reinen Ausſtrömungen hervorgegangen, dagegen die Sudra oder Paria, die Kaſte der Handwerker, Tagelöhner, Diener und Sklaven aus ſeinen unreinen Zheilen. Die Sudra ſind daher den Thieren ähnlih, gänzlih ſ{<le<t und verworfen und können nie zu Brahma gelangen.
An dieſe Auslegung fnüpfte ſich nun ein wüſter Gößer= dienſt mit unzähligen Ceremonien, Gebeten, Opfern, Spen= den, Reinigungen 2., die das Volt beſtändig in Athem hielten und das Mittel tvurden, es auf das ſ<mähli<ſte ¿u tyranniſiren, auszuſaugen und zu bedrücen.
Eine Religion aber, welche den größten Theil des Volkes für Zeit und Ewigkeit verworfen erflärte, mußte endlih zu einer Revolution führen. Es iſt die Bedeu-= tung des Buddha Sakjamuni, dex erſchien, als brahma= niſcher Hochmuth und Eigennuß den höchſten Gipfel er= reiht hatten, die ſtarre Feſſel des Dogma?s gebrochen, die Vorrechte der Kaſten zerſtört und dem ganzen Volfe das Heil und die Erlöſung gebracht zu haben.
Nach den neueren kritiſchen Geſchichtsforſchungen iſt
Bibliothek, Jahrg. 1884, Bd, YT, 11S