Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

8 Klippen des Glücfs.

wußte offenbar niht, daß ſie Lieschen dort finden würde. Aber ex wußte es und deshalb folgte er ihr. Ju Lies= chens Gegenwart wollte er ſie darüber zur Rechenſchaft ziehen, daß ſie ihn abſichtlich fern gehalten hatte, wollte er ihr mit ernſten, kalten Worten ſagen, daß er nur um LieS= chen wieder zu ſehen nah Linau gekommen fei. Nicht einen Augenbli> ſollte ſie in Zweifel darüber bleiben, daß er nur - mit Bedauern, ja mit Abſcheu zurü>denke an jenen einen _ Moment, in welchem ex mit ihr Ehre und Pflicht vergeſſen hatte.

Ex folg!e ihr, als ſie leichten Fußes, ihm mit ihrem reizendſten Lächeln zuni>end, durch das Gebüſch voranging ; der Weg war nicht weit, na< ein paar Schritten {hou lichtete ſich das Gelüſch, die Laube lag vor ihne, aber, mit einem Bli> voll tiefer Enttäuſchung bemerkte es Egon, Lieëchen ſaß nicht, wie er gehofft hatte, mit einer weib= lichen Handarbeit oder mit einem Buch beſchäftigt unter dem Blätterdah dex ſich über der Laube verſ<hlingenden Zweige. Sie war wohl hier geweſen, dafür zeugte ein auf dem kunſtlos zuſammengefügten Holztiſch aufgeſchlagen lie= gendes Buch, aber die Laube war leer.

Egon hörte nicht ein leichtes Raſcheln des Laubes in dem dichtverwachſenen, die Laube bildenden und umſ<hließenden Gebüſch, ex achtete nicht darauf, wußte er doh nicht, daß vor kaum einer halben Minute noh Cliſe wirklich auf der Bank in der Laube geſeſſen hatte, daß der Ton ſeiner Stimme und dex Stimme Bertha's an ihr Ohr geklungen, daß ſie erſchre>t aufgeſprungen war und gelauſcht hatte.

„Kommen Sie, Herr v. Ernau, ih werde Sie nah