Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

DOE — Mannigfaltiges.

der Alchemie, Kam aber ſeine böſe Stunde, „ſo brüllte er bald wie ein Ochs, bald wie ein Löwe,“ ſchimpfte die Prinzen Giftmiſcher, und Nachts hörte man plötlich in den Gängen des Schloſſes einen wüthenden Lärm; es war der Kaiſer, der aus dem Schlafgemache im Hemd, mit einem Rappier bewaffnet, herausſtürzte und ſchrie, er ſei verzaubert. Einmal verſuchte ex, ſi< mit Glasſcherben den Hals abzuſchneiden. Seine Kammerdiener hatten eine lebensgefährliche Stellung, denn er ſcheute ſich niht, wie Joachim v. Donnexsberg, der bayriſche Geſandte, in ſeinem offiziellen Bez richt erzählt, denſelben die Schüſſeln an die Köpfe zu werfen, oder ſie mit Degen und Dolch zu bedrohen, Dafür war der oberſte Kammerdiener Rudolph's aber auh die wichtigſte Perſon am Hofe deſſelben und Niemand hatte ohne deſſen Erlaubniß Zutritt zum Kaiſer, ſelbſt deſſen nächſte Verwandte nicht ausgenommen, Die dret bekannteren Perſönlichkeiten, welche dieſen Poſten eingenommen haben, ſind Millionäre geworden, haben aber alle ein unglü>lihes Ende gefunden. Der Erſte, Ritter Hieronymus Machowsky v. Mahau, der beim Kaiſer Alles galt, wurde ſeines ganzen Vermögens beraubt und blieb den Reſt ſeines Lebens im Kerker. Der Zweite, Philipp Lang, der ſpäter den adeligen Namen v. Langenfels erhielt, war ein abgefeimter Schurke, der ganz ungeheure Summen zuſammenſtahl, die Hinrichtung des tapferen Feldmarſchalls v. Rußwurm betrieb und endlich für ſeine zahlreichen Unthaten im Kerker ſtarb, Der Dritte endlich, Rucéy, welcher dex Zwiſchenträger bei den Unterhandlungen ſeines Herrn mit den proteſtantiſchen Ständen Deutſchlands und Böhmens wax, wurde nah dem Tode Kaiſer Rudolph!s verhaſtet und erhängte ſih an der Schnux, an welcher ex den Kammexr|<lüſſel zu tragen pflegte, als ihm mit der Tor-

o

tur gedroht wurde. N

Herausgegeben, gedru>t und verlegt von Hermann Schönlein in Stuttgart.