Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
30 Klippen des Glüs.
thun verpflichtet ſei, die Leidenſchaft ſtörte ſein Denken nicht mehr. Was ex zu thun habe, das lag ſo flar vor ihm, daß ex niht einen Augenbli> im Zweifel ſein konnte. Bertha's kaltes, grauſames Wort: „Es iſt unmöglich, daß wir ferner zuſammen leben!“ war unwiderleglih, und Doh zog ſich ihm das Herz krampfhaft zuſammen, der Gedanke, daß ex auf immex von ihr geſchieden ſei, erſchien thm un= faßbar. Er liebte ſie niht mehr, nein, tie hätte er der Unwürdigen noch ſeine Liebe bewahren können, ihr, die ſi dem Vetter Albre<ht in die Arme geworfen hatte, mit Senem na< Schloß Oſternau gefahren war! Seine Liebe wax exrſtorben, aber doch trat ihm eine heiße Thräne ins Auge, als ex den Brief Bertha?s noh einmal las und als das Wort „Scheidung“ ihm den Abgrund zeigte, der jebt zwiſchen ihm und Bertha lag. Ex wax ruhig, ganz ruhig, und doh bebten ſeine Lippen, doh zitterte ſeine Hand, doch flimmerte ſein Auge.
Scheidung! Bertha hatte Recht! Er ſeßie ſih im Wohnzimmer an den Schreibtiſch und ſchrieb einen langen Brief an den Juſtizrath Herder, den alten Freund der Familie, der auch ſein treuer Rechtsbeiſtand geblieben war. Ganz ruhig und geſchäftsmäßig ſchrieb ev, ſeßte er dem Suſtizrath aus8einander, daß eine Scheidung, quf unüber= windliche gegenſeitige Abneigung begründet, ſein Wunſch und der ſeiner Frau ſei. Ex bevollmächtigte den Juſtiz= xath, alle nothwendigen Schritte zu thun und feine Opfer zu ſcheuen, damit die Scheidung ſo ſhnell wie möglich von Gericht ausgeſprochen werde. Er war ſo ruhig, und doh fiel eine Thräne nieder auf das Papier, ſie ließ die Buch-