Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Roman von Adolph Stretfuß 45

dem nordiſchen Klima Berlins Heilung zu finden vermöge. Ex rieth ihr einen längeren Aufenthalt im Süden an und bezeichnete Nizza als den für ſie paſſendſten Aufenthalt8ort.

Mit einem bitteren Lächeln hörte Bertha den wohl= gemeinten Rath. Woher hätte ſie wohl die Mittel zu einer Reiſe nah Nizza nehmen ſollen? Sie erzählte ihrem Vater, der ſie beſuchte, was ihr der Arzt gerathen hatte; aber Werner v. Maſſenburg zu>te die Achſeln, Er habe ſelbſt kaum ſo viel, um leben zu fönnen, meinte er, ſeine Tochter könne er niht unterſtüßen. Z y

Mieder war es der unbekannte Wohlthäter, der in der höchſten Noth ihr Hilfe leiſtete; von Neuem empfing Bertha eine beträchtliche Summe in Banknoten anonym zugeſandt, eine Summe, die genügend wax zux Reiſe na<h Nizza Und zu einem längeren Aufenthalt dort, allerdings unter bez ſcheidenen Verhältniſſen.

Neue Hoffnungen tau<hten in ihr auf. Sie erinnerte fich dex Triumphe, welche ſie im vergangenen Fahre im Bade gefeiert hatte; der ruſſiſche Fürſt, der damals ihr ſeine Huldigungen dargebracht hatte, wollte den Winter in Nizza verleben, ſie hoffte ihn dort zu treffen, dur ihn in die vornehmſte Geſellſchaft der Wintexrkurgäſte einge= führt zu werden. Zwar warnte ſie ihr Spiegel, fi niht zu glänzenden Hoffnungen hinzugeben, aber ſie wollte ihm nicht glauben. Sie war ja noh ſo jung, es wax unmög-= lich, daß jeßt ſchon ihre früher ſo viel bewunderte Schön= heit füx immer geſ<hwunden ſein ſollte; wenn ſie nur erſt wieder geſund wurde, dann bedurfte ſie ſogar der Toiletten fünſte niht mehr, um wieder ſo bezaubernd ſ{hön zu wer=