Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.
2 Klippen des Glüs.
ſeßten Worte vollendet, den Brief zuſammengefaltet und die Adreſſe: Herrn Hugo v. Wangen auf Linau geſchrieben hatte, gönnte ſie ſich tief exſ{<öpft einen Moment der Ruhe. Ein ſüßes Lächeln der Befriedigung umſchwebte ihre blei= chen Lippen, ein Lächeln ähnli<h dem, dur< welches ſie früher Hugo bezaubert hatte.
Und dieſes Lächeln verſhönte no< das weiße Angeſicht, als eine Stunde ſpäter der Arzt kam. Ex fand Bertha mit gefalteten Händen im Lehnſtuhl ſißend. Jhre Augen waren geſchloſſen, ſie öffneten ſi<h niht wieder. Jn ſanf= tem Schlummer, im Sterben lächelnd, war ſie eingegangen zum ewigen Frieden.
Dex Arzt nahm den Brief, den er auf dem Tiſch vor dem Lehnſtuhl fand, und brachte ihn zu dem Oberſten v. Saſtrow, durch deſſen Vermittlung er von dem un= bekannten Wohlthäter der Frau v. Wangen die zur Pflege der Kranfen nothwendige Geldſumme erhalten und dem ex deswegen ſtets treu Bericht über die Kranke erſtattet hatte.
Bevtha’s leßten Brief hatte Hugo v. Wangen erhalten, heiße Thränen waren auf das Papier gerollt, als er ihn las. Er wax ſchon längſt dux<h den Juſtizrath auf die traurige Nachricht, die ihn heute getroffen hatte, vorbereitet worden, hatte doch ſhon vox Monaten der Arzt in Berlin jede Hoffnung aufgegeben, Bertha am Leben zu erhalten, aber die Nachricht, daß ſie für ewig geſchieden ſei, traf ihn deshalb nicht weniger hart und ſ{hwer. Sie war geſtorben fern von ihm, ex hatte ihr nicht tröſtend zur Seite ſtehen fönnen in ihrem leßten ſ{hweren Kampfe, ex hatte ihr kein Wort dex Liebe ſagen können, ſie aber hatte ſeiner gedacht,