Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Novelle von Schmidt-Weißenfels. 161
Toni, gemacht wurden. Indeſſen er bezweifelte doch nicht, daß ſie eine glüdli<he Frau geworden fei, und ex mußte es hinnehmen, daß ſeine Hoffnung auf ſie, die ex einſt heimlih an das geliebte Mädchen geknüpft, ſich als eitel erwieſen. Er hatte deshalb ſtill gelitten, bis ih dies eben abgeſ<wächt, beinahe unter der Macht der Verhält= niſſe na< Jahr und Tag verloren. Mit der Rü>fehr Toni's na< Arisheim als einer Schiffbrüchigen dex Che, als einer Flühtigen vor ihrem Manne, was ihm do niht verhehlt bleiben fonnte, wurde es wieder anders. Mitleid mit ihr, Grimm auf ihren Mann entfachten die ſhon verglimmenden leßten Funken ſeiner Leidenſchaft unter der Aſche, und wie hoffnungslos auch jeßt wieder dieſe Liebe zu der Frau tar, die nur der Tod thres Mannes frei macen fonnte, fo lohte ſie doh von Neuem auf und ließ ſich nicht erſtiéen. Er wagte es niht, war er au< niht mehr der ſ{hüchterne Jüngling, ihr oder jemand Anderem zu verrathen, was ſein Herz erfüllte, was es im Feuer der Leidenſchaft verzehrte; doch er be= ſchäftigte ſich mit dem unglü>lichen jungen Weibe, als fönne und müſſe er es aus ſeiner geheimen Noth retten, als ſei ihm die Pflicht einer befreienden That für daſſelbe auferlegt worden.
So grübelte ex vor ſi<h hin Tag um Tag, ſeit zwei Jahren nun ſchon, die Loni auf dem Gutshofe in einer förmlich flöſterlichen Zurückgezogenheit lebte, wie ex hinter ihr Geheimniß gelangen fönne. Ex bemühte ſi<h mit Aufz merfſamkeiten um ſie, die ihr mehr und mehr auffällig erſcheinen mußten; ex war wie ein väterlicher Geſpiele
Bibliothek, Jahrg. 1886, Bd, 1. 11