Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
162 Der Condéer.
ihres Kindes, und daſſelbe hing an ihm mit herzlihſter ZU= neigung. Oft fah die ernſte, ſhweigſame, blaſſe Frau dem Gebahren des Kindes mit dem ſtattlich gewordenen jungen Manne träumeriſch zu und wie eine Frage leuchtete es dann wohl in ihren ſanften Augen auf, die ſi< auf ihn richteten, um freilich bald wieder mit düſterer Strenge ſih zu ver= ſchleiern. Er forderte ſie zuweilen auf, mit ihm und Lottchen über das ſommerliche Feld ſpazieren zu gehen und fie lehnte es niht mehr ſo oft ab, wie in dem exſten Fahre ihrer Anweſenheit. Sein Geſprä gefiel ihr; außer der verwandtſchaftlichen Zutraulichkeit fühlte ſie für ihn offenbar noh jene Erkenntlichkeit einer leidenden Seele, die dur inniges Mitgefühl ohne Aufdringlichkeit des Anderen entſteht. Er wußte vom alten Aris und Renaten, daß Toni niht über ihr Geheimniß irgendwie befragt ſein wollte, daß es reſpektixt werden folle von Jedem im Hauſe. Und dagegen zu verſtoßen hätte er ſich niht getraut. Gleichwohl, wie ex nah und na< ſi< ihr näher wie früher gerüdt fühlte, als Mann, als der heimlich Liebende, von deſſen Herzensantheilnahme er ſie wohlthuend berührt ſah, fam es auf einem der Spaziergänge im Felde bei Sonnenuntergang doh über ſeine Lippen : „Toni! Wenn ih Dix einen Dienſt leiſten könnte, um Dich wieder froh zu ſehen — und ſollte er mein Leben koſten, i< will ihn mit Freuden thun.“
Niemals hatte er ſo ofen ſeine Empfindungen für ſie zum Ausdru> gebracht, und ſie mußte neben ihm überdem gleihſam das Feuer ſpüren, das durch ſeine Adern rollte.
Du biſt gut, Arnold,“ entgegnete ſie in milder Freundz