Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

Kriminal-Novelle von B. v. Wolfshofer. 151

JFhn aber als Beweis für die Unſchuld Ellen Aberdeen's in ſeiner demnächſtigen Vertheidigung8rede anzuführen nein, daran durfte Edward Poë, wofern ex ſih nicht vor aller Welt lächexli<h machen wollte, niemals denken.

6.

So nahte der Tag der dffentlichen Verhandlung heran. Der Andrang des Publikums zu derſelben war beiſpiel= los. Man exkämpfte ſeinen Plab, man ließ alle Ver= drießlichkeiten des Wartens und Gedrängtwerdens über ſich ergehen, um nux ja Zeuge des Schauſpiels zu ſein,

welches bevorſtand.

Edward Pos muſterte die Anweſenden nicht ohne Bez ſorgniß. Er wußte, wie ſ{werwiegend die Stimmung des Publikums auf den Gang einer Gericht8verhandlung mit= unter einwirken kann. Nicht als- ob ſich die Richter da= durch in ihrem Urtheil beeinfluſſen ließen, aber die Angeflagte konnte eingeſhüchtert werden und Ausſagen machen, deren Tragweite niemals wieder zu verringern wäre.

Von dieſen Leuten hier — das ſagte ſich der junge Advokat — hatte die arme Ellen Aberdeen kein Mitleid zu erwarten.

Um ſo erſtaunter war er, als ganz das Gegentheil von dem eintrat, was er gefürchtet. Denn als ſeine Klientin in den Saal trat, durchfuhr denſelben ein lautes Mur= meln der Verwunderung. Kein Laut des Haſſes ließ ſich vernehmen. Alle jenen böſen Geiſter verſtummten unter dem Bann, welchen das unglü>lihe Kind ausübte.

Von Furcht, von Beklemmung verrieth ſie keine Spur.