Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

14 Dex Talisman des Weibes.

immer tvieder den Verſuch machen zu ſehen, die Kluft zu überbrü>en, und inſtinktiv ängſtigte ſie jeder Beſuch des Grafen. Wie war es möglich, die gedankenklare Gemüths= __nuhe des Erſteren, ſein zartfühliges Entgegenlommen, die unerſchütterliche Fnuigfeit ſeiner Empfindungen der über= hebenden Glätte Freiberg's, ſeiner einſhmei<elnden Galanterie nachzuſehen? Ein Schüler wax ex gegen den Mei=ſter, ein ſchillernder Schmetterling, der troh aller Liebens-= würdigkeit ſich ſehr wohl ſeiner bevorzugten Geburt bewußt IWA

Der Fuſtizrath, von einer Reiſe zurücgekehrt, hatte

ſich gegen Abend im Meiſchi*ſchen Hauſe eingefunden, von Jrma mit ſchelmiſcher Freude begrüßt. Sie fannte den Zauber ganz genau, welchen ſie auf den welterfahrenen Junggeſellen ausübte, und war kindlich genug, ſi deſſen zu freuen.

„Jet wird mir erſt wieder wohl!“ xief Dreyſing, be= hagli<h am Ofen lehnend. „Jh vermißte in der Reſidenz wei Sterne, welche mir gegenwärtig lieblich leuchten. Glücklicher Meiſchick !“

„Das machen Sie Anderen toeiß!“ lächelte Jrma. „n der Reſidenz leben, heißt Lethe trinken und ein glüd= liches Vergeſſen aller elenden Krähwinkelei. Warum nahmen Sie mich niht mit in die hehren Hallen der alten Götter ? Männex ſind Egoiſten !“

„Meine ſ{öne gnädige Frau “ rief Dreyſing, mit ko= miſcher Verzweiflung die Hände zuſammenſchlagend, „wawum haben Sie das niht früher geſagt ? I< hätte den Cerberus dort mit irgend einer juriſtiſchen Zauberformel