Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
94 “Dex Talisman des Weibes.
Amtsrichtex in ein angrenzendes Gemach zurück, um bei= den Frauen eine lebte ungeſtörte Ausſprache zu ermög= lichen. Ex fühlte ſih abgeſpannt. Die Stille xings um-= Her that ihm wohl. Den Kopf in die Hand geſtüßt, ließ er das monotone“ Tien der Wanduhr wie ein einſ<lä= ferndes Naxrkotikum auf ſi< wirken. Seine Gedanken weil= ten in der Gegenwart. Alles war geordnet. Ruhig und behaglich glitt ſein Lebensſchiff fortan auf geebneten Wogen dahin. Quälende Wünſche, Zweifel. und Enttäuſchung fonnten ihn niht mehr erreichen, dafür bot Margarethens Temperament die ausreichendſte Bürgſchaft. Seiner Ab= ſicht, Sittlingen im Laufe dieſes Jahres no< zu verlaſſen, ſtellten ſich keinerlei Schwierigkeiten in den Weg, um ſo weniger, als die Wahl des neuen Aufenthalts3ortes ihm gleichgiltig war.
„So wäre denn das Ziel meiner Beſtrebungen erreicht, “ ſprach Meiſchi> bei ſi, „gute Kameradſchaft in der Che, wo jede Partei in der richtigen Erkenntniß ihrer Fähig= feiten der anderen bereitwillig eine Superiorität zugeſteht. Das wahre Glü> des Lebens iſt Frieden, iſt Ruhe, ſtiller ‘Genuß reueloſer Freuden. Das Ringen na< Beſiß, ſei es in der Liebe, ſei es um materielle Güter, trägt immer etwas von dex rohen Wuth des Hirſches an fi, viel von der Unverſchämtheit des Plebejers im Straßenkampf, am wenigſten von dem berechtigten Selbſtbewußtſein eines höheren ſittlihen Werthes. Wie eine Sache gewonnen ward, zeigt fich in ihrem Genuſſe. Was Leidenſchaft zu= ſammenführte, reißt Leidenſchaft aus einander, die dur< Kriecherei eroberte Poſition kann nur dur<h Schweiſwedelei
— AnS