Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Gorilla: Winwood Neades Mitteilungen. 63

wie ih konnte, zurü>zog, erreichte er doh meine Beinkleider, zerriß ſie und kehrte augenbli>lih wieder nah ſeinem Winkel zurü>. Dies lehrte mih Vorſicht; doh gab ih die Hoffnung, ihn zu zähmen, nicht auf. Meine erſte Sorge war natürli, Futter für ihn zu ſchaffen. Jh ließ Waldbeeren holen und reihte ihm dieſe nebſt Waſſer; doh wollte er weder eſſen noh trinken, bevor ih mic ziemlih weit entfernt hatte. Am zweiten Tage war Joe, wie ih ihn genannt hatte, wilder als am erſten, fuhr auf jedermann zu, welcher nux einen Augenbli> vor ſeinem Käfige ſtand, und ſchien bereit, uns alle in Stücke zu zerreißen. Jh brachte ihm einige Piſangblätter und bemerkte, daß er davon nur die weichen Teile fraß. Er ſchien eben niht wähleriſch zu ſein, obſchon er jebt und während ſeines furzen Lebens, mit Ausnahme der wilden Blätter und Früchte ſeiner heimiſchen Wälder, alles Futter verſhmähte. Am dritten Tage war er no< mürriſcher und wütender, bellte jeden an und zog ſih entweder nah ſeinem fernen Winkel zurü> oder ſ{hoß angreifend vor. Am vierten Tage glückte es ihm, zwei Bambusſtäbe auseinander zu ſchieben und zu entfliehen. Beim Eintreten in mein Haus wurde ih von ärgerlihem Brüllen begrüßt, welches unter meiner Bettſtelle hervorkam. Augenbli>lih ſ{<loß ih die Fenſter und rief meine Leute herbei, das Thor zu beaufſihtigen. Als Freund Joe dies ſah, bekundete er grenzenloſe Wut: ſeine Augen glänzten, der ganze Leib bebte vor Zorn, und raſend fam er unter dem Bette vor. Wix ſchloſſen das Thor und ließen ihm das Feld, indem wir vorzogen, lieber einen Plan zu ſeiner ſiheren Gefangennahme zu entwerfen, als uns ſeinen Zähnen auszuſeßen. Es war kein Vergnügen, ihn wieder zu fangen: er war ſchon ſo ſtark und wütend, daß ich ſelbſt einen Fauſtkampf mit ihm ſcheute, aus Furcht, von ihm gebiſſen zu werden. Mitten im Raume ſtand der biedere Geſell und ſchaute grimmig auf ſeinen Feind, prüfte dabei aber mit einiger Überraſchung die Einrichtungsgegenſtände. Jh beſorgte, daß das Piden meiner Uhr ſein Ohr erreichen würde und ihn zu einem Angriffe auf dieſen unſchäßbaren Gegenſtand begeiſtern, oder daß er vieles von dem, was ih geſammelt hatte, zerſtören möchte. Endlich, als ex ſih etwas beruhigt hatte, ſhleuderten wir ihm glücklich ein Nez über den Kopf. Der junge Unhold brüllte fürchterlih und wütete und tobte unter ſeinen Feſſeln. Jh warf mi<h ſ<ließli< auf ſeinen Na>ken, zwei Mann faßten ſeine Arme, zwei andere die Beine: und denno<h machte er uns viel zu ſchaffen. So ſ{hnell wie mögli trugen wir ihn nah ſeinem inzwiſchen ausgebeſſerten Käfige zurü> und bewachten ihn dort ſorgfältiger.

„Niemals ſah ih ein ſo wütendes Vieh wie dieſen Affen. Er fuhr auf jeden los welcher ihm nahete, biß in die Bambusſtäbe, ſhaute mit böſen Augen um ſih und zeigte bei jeder Gelegenheit, daß er ein dur< und dur< bösartiges und boshaftes Gemüt hatte.“

Im Verlaufe ſeiner Erzählung teilt Du Chaillu mit, daß Joe weder dur<h Hunger noh dur „geſittete Nahrung“ zu bändigen wax, nach einiger Zeit, als er zum zweitenmal durhbrach, mit vieler Mühe wieder gefangen, troß alles Widerſtrebens in Ketten gelegt wurde und zehn Tage darauf plößlich ſtarb, ſeinen Herrn zuleßt aber wohl kennen gelernt hatte. Später will Du Chaillu ein junges Gorillaweibchen erhalten haben, welches mit außerordentlicher Zärtlichkeit an der Leiche ſeiner Mutter hing und das ganze Dorf dur ſeine Betrübnis in Aufregung verſeßte. Das Tierchen wax noch ein kleiner Säugling und ſtarb, weil Milch niht zu bekommen wax, ſchon am dritten Tage nah ſeinem Fange. Es ſcheint, daß Du Chaillu ſi hat ſehr beeinfluſſen laſſen durch die oben erwähnten Schilderungen von Ford.

Unter allen früheren Berichterſtattern maht W. Reade den Eindru> der größten Verläßlihkeit. „Als i< im Jnnexren der Gorillagegenden reiſte“, ſagt er, „pflegte ih in jedem Dorfe, welches mix zur Nachtherberge wurde, nachzufragen, ob ſih hier ein Neger befinde, welcher einen Gorilla getötet habe. Wollte das Glü> daß dies der Fall wax, ſo ließ ich