Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, стр. 189
Meerkahen: Freileben. Spiele. Plünderungszüge. 131
großen Adlern nicht die geringſte Furt bekunden. Unſere ſämtlichen zahmen Affen, mit Ausnahme des Gorillas — der vielleicht zu jung und unerfahren aus der Wildnis zu uns gekommen war — gerieten dagegen in höchſte Angſt, wenn wix einen alten, ſ{<le<t mit Gras und Laub gefüllten Leopardenbalg zum Vorſcheine braten. Schlangen gegenüber zeigten ſie ſih zwar mißtrauiſch, aber niht entſetzt, und vor Hunden hatten ſie gar keinen Reſpekt. Der Fall lag ſogar umgekehrt: wenn unſere ſonſt doch re<ht ſhneidigen Schäſerhunde ihr Futter bekamen, und die Affen rüd>ten an, um den JFnhalt der Näpfe zu prüfen, dann zogen ſie ſih, dur< Erfahrung gewißigt, beizeiten zurü> und ſchauten wehmütig aus der Ferne zu, wie das ſpißbübiſche Geſindel die beſten Biſſen vorwegnahm.
„Am Fluſſe habe ih dagegen folgendes beobachtet: hängt eine Meerkaße am Ende eines niedrigen, weit vom Ufer ausladenden {wanken Zweiges, und laufen andere hinzu, ihn dabei dur< ihr Gewicht bis nahe über den Waſſerſpiegel niederbiegend, ſo ſucht ſie ſ{hleunigſt aufwärts zu gelangen. An höheren Zweigen läßt ſie ſich indeſſen nicht ſtören, und vor dem Waſſer allein trägt ſie ſhwerlich ſo auffallende Sheu. Es iſt vielmehr anzunehmen, daß ſie die Krokodile fürchtet, die gewiß nicht abgeneigt ſind, einen feiſten Affen zu erſhnappen.“
Äußerſt anziehend für den Beobachter iſ es, wenn er eine auf Raub ausziehende Geſellſchaft belauſchen kann. Mich hat die Dreiſtigkeit, welche ſie im Oſtſudan dabei zeigen, ebenſo ergößt, wie ſie den Eingeborenen empörte. Unter Führung des alten und wohlerfahrenen Stammvaters zieht die Bande der Tiere dem Getreidefelde zu; die Äffinnen mit kleinen Kindern tragen dieſe in der oben beſchriebenen Weiſe am Bauche, die Kleinen haben aber no< zum Überfluſſe auh mit ihrem Shwänzchen ein Häkchen um den Schwanz der Frau Mutter geſchlagen. Anfangs nähert ſi die Rotte mit großer Vorſicht, am liebſten, indem ſie ihren Weg noh von einem Baumwipfel zum anderen verfolgt. Der alte Herr geht ſtets voran; die übrige Herde richtet ſih nah ihm Schritt für Schritt und betritt nicht nur dieſelben Bäume, ſondern ſogar dieſelben Äſte wie er. Nicht ſelten ſteigt der vorſichtige Führer auf einem Baume bis in die höchſte Spiße hinauf und hält von dort aus ſorgfältige Umſchau; wenn das Ergebnis derſelben ein günſtiges iſt, wird es dur beruhigende Gurgeltöne ſeinen Unterthanen angezeigt, wenn nicht, die üblihe Warnung gegeben. Von einem dem Felde nahen Baume ſteigt die Bande ab, und nun geht es mit tüchtigen Sprüngen dem Paradieſe zu. Hier beginnt jeßt eine wirklich beiſpielloſe Thätigkeit. Man det ſi< zunächſt für alle Fälle. Raſch werden einige Maiskolben und Durraähren abgeriſſen, die Körner enthülſt und mit ihnen die weiten Bakentaſchen ſo voll gevfropft, als nur immer möglich; erſt wenn dieſe Vorratskammern gefüllt ſind, geſtattet ſich die Herde etwas mehr Läſſigkeit, zeigt ſich aber auch zugleih immer wähleriſcher, immer heifler in der Auswahl der Nahrung. Jeßt werden alle Ähren und Kolben, nachdem ſie abgebrochen worden ſind, erſt ſorgſam berohen und wenn ſie, was ſehr häufig geſchieht, dieſe Probe niht aushalten, ſofori unbenußt weggeworfen. Man darf darauf re<hnen, daß von zehn Kolben erſt einer wirklih gefreſſen wird; in der Regel nehmen die Schle>er bloß ein paar Körner aus jeder Ähre und werfen das übrige weg. Dies eben hat ihnen den grenzenloſen Haß der Eingeborenen zugezogen.
Wenn ſi die Affenheerde im Fruchtfelde völlig ſicher fühlt, erlauben die Mütter ihren Kindern, ſie zu verlaſſen und mit ihresgleichen zu ſpielen. Die ſtrenge Aufſicht, unter welcher alle Kleinen von ihren Erzieherinnen gehalten werden, endet deshalb jedo<h niht, und jede Affenmutter beobahtet mit wahſamen Blicken ihren Liebling; keine aber bekümmert ſi< um die Sicherheit der Geſamtheit, ſondern verläßt ſih, wie alle übrigen Mitglieder der Bande, ganz auf die Umſicht des Herdenführers. Dieſer erhebt ſich ſelbſt während der \hma>hafteſten Mahlzeit von Zeit zu Zeit auf die Hinterfüße, ſtellt ſih aufre<t wie ein Menſch und bli>t in die Nunde. Nach jeder Umſchau hört man beruhigende Gurgeltöne,
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