Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1, стр. 201

Meerkaßen: Nonnenaffe. Blaumäulige Meerkahe. 141

Affen zu klagen haben, wenn ſie, wie es doh ſonſt erſte Regel bei jeglicher Erziehung zu ſein pflegt, gegen alle ſ{hlimmen Einflüſſe behütet worden wären und zwar von Kindheit auf. An alt erworbenen Affen wird man ſ{hwerli<h jemals Freude erleben, denn ſie haben bereits zu viel erdulden müſſen. Es iſt wohl nicht richtig, zu ſagen, der Charakter der Affen ſei überhaupt ſchle<t, richtiger vielmehr: die unaufhörlihen Scherze und Quälereien, welche Menſchen gerade an dieſen Tieren mehr als an allen anderen verüben, verderben erſt den Charakter, erwe>en die böſen und erſti>en alle guten Anlagen. Wie fehr die leßteren dur< angemeſſene Behandlung entwickelt werden können, hat ſih an manchem Schimpanſen, am erſten und zweiten Gorilla, an unſeren kleineren Affen verſchiedener Art gezeigt. Darum ſollte niht nah Affen geurteilt werden, die bereits zu viel erlebt haben, durch viele Hände gegangen ſind, ſondern nur nah ſolchen, die man unmittelbar aus der Wildnis erhält und verſtändig behandelt; jedenfalls iſt jeder andere untauglich geworden zu dem Verſuche, ihn zum Haustiere heranzubilden.

„Unſer Affe, der von ſeiner Kindheit an ſorgfältig gegen alle ſhädlichen Einflüſſe behütet worden wax, genoß in Europa unbeſchränkte Freiheit, bewegte ſih ungehindert durch alle Zimmer, über Tiſche und Schränke, aber ſo geſchi>t und ahtſam, daß er uns niemals irgend etwas zerbrochen hat. Er ſtieg durch die Fenſter, turnte auf dem Balkon, lief auf dem Geſimſe rings um das Haus, rutſchte an den Dachrinnen hinab und tummelte ſich in Hof und Garten. Wie ein folgſames Hündchen unternahm er mit uns ſtundenweite Spaziergänge dur<h Wald und Flux, fing ſi<h Spinnen, Schmetterlinge, Grashüpfer “(ſein Lieblingsfutter) und tollte nah Herzensluſt umher, wodurch offenbar ſeine Geſundheit weſentlih gekräftigt, ſeine Natur derartig abgehärtet wurde, daß er ſih ſpäter ſogar mehrmals in friſch gefallenem Schnee wälzen konnte, ohne Nachteil davon zu haben. Bei ſolchen Gelegenheiten gab er ſih mit allen Menſchen ab, die uns begegneten, wenn auh mit Auswahl; er liebte es, biedere Landleute durch jähes Hervorhuſchen aus einem Verſte>e und manchmal dur< Anſpringen zu erſhre>en, that aber niemand etwas zuleide. Mit kleinen Hunden ſpielte er gern, großen wich er aus; wenn ſie ihn aber bedrohten, dann ging er ihnen furchtlos zu Leibe, ſprang ihnen auf den Na>en, maulſchellierte ſie, zauſte die Dhren, biß und fraßte mit einer Gewandtheit, daß die Überfallenen ſchließli<h wie ſinnlos davonliefen. Vor Fröſchen und Eidechſen zeigte er gar keine Furcht, mißhandelte ſie aber auh niht. Hatte er ſich die Hände beſhmugßt, ſo ſuchte er ſie eifrigſt irgendwie zu reinigen; gelang es ihm niht genügend, dann wandte er ſih bittend an uns.

„Daheim wurde er bloß durch eine Unart läſtig, die ihm niht abgewöhnt werden fonnte: er war nicht ſtubenrein. Sonſt folgte er dem Geheiße, ging in ſeinen Schlafkorb,/ in ſeinen Käfig, [<loß ſelbſt deſſen Thür, ließ ſi<h au< Unfug durch ein „St“ verweiſen. Als Spielzeug liebte er weiche Puppen, große und kleine Kautſchukbälle, Korke, Hölzchen 2c. ; eines davon hatte ſtets für einige Zeit Vorrang und wurde mit in den Schlafkorb genommen, die übrigen wurden ſorgſam hinter wie unter Schränken, in Gardinenfalten 2c. untergebracht, verſte>t und jedenfalls derart als Eigentum betrachtet, daß Berührung oder gar Wegnahme ſtets als unberechtigter Eingriff aufgefaßt wurde. Fn ſeinen geräumigen Backen. taſchen pflègte er alle möglichen Gegenſtände bis zur Größe einer Walnuß, lieber jedoch kleinere, unterzubringen, die er allenthalben aufnahm. Für gewiſſe Gegenſtände hatte er eine beſondere Vorliebe; vermißte man ſie, dann wußte man ſchon, wo ſie zu finden waren. Bald pflegte meine Frau regelmäßig jeden Abend ihm die Bakentaſchen auszuleeren. Anfänglih ſträubte er ſi, ſpäter kramte er von ſelbſt ſeine Schäße aus, wenn ex auf den Schoß genommen wurde. Das Entleeren der Ba>entaſchen beförderte er dadurch, daß er mit den Rü>en der Hände von außen ſtreichend oder ſchiebend nahhalf. Da kamen denn Steinchen, Erbſen, Münzen, Bohnen, Nägel, Korke, Fingerhüte, Glasſtöpſel und andere