Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund Brehm. Von Dr. Ernſt Krauſe.

Nur wenige Naturforſcher unſerer Zeit ſind als Lehrer und Hausfreunde zu ſo weiten Kreiſen des deutſchen Volkes in innigſte Beziehung getreten wie der Verfaſſer des „Tierlebens“, welches ſi als Schabbehälter des für alle Tierfreunde Wiſſenswürdigſten niht nur in den Bibliotheken der vornehmen und reichen Leute, ſondern auh auf dem Bücherbrette vieler einfacher Förſter und Jagdliebhaber befindet, die ſi< den Kaufſchilling am Munde abſparen mußten. Sie alle ohne Zweifel werden begierig ſein, näheres über das eigene Leben des ausgezeihneten Mannes zu erfahren, der ihnen das Leben und Treiben der Tiere ſo lebendig und wahrheitsgetreu vorführen konnte, weil er die Mehrzahl von ihnen teils in ihrer eigenen Heimat, teils im täglihen Umgange in der Gefangenſchaft beobachtet hatte. Eben dur ſein ſeit früher Jugend bekundetes Streben, das Benehmen der Tiere in der ihnen naturgemäßen Umgebung und den ihnen daſelbſt drohenden Gefahren gegenüber kennen zu lernen, wurde ſein eigenes Leben reih genug, um unſere Aufmerkſamkeit für eine kurze Stunde zu feſſeln. :

Man fühlt ſi verſucht, zu ſagen, daß das junge Menſchenkind, welches am 2. Februar 1829 im Pfarrhauſe zu Unterrenthendorf im Neuſtädter Kreiſe des Großherzogtums Sachſen-Weimar das Licht der Welt erbli>te, ſhon von ſeiner Geburt und Abſtammung her dazu auserſehen geweſen ſei, der begeiſterte Freund und ſorgſame Beobachter des Tier: lebens zu werden, als welcher er in allen Weltteilen bekannt geworden iſt. Denn ſein Vater, der Pfarrer Chriſtian Ludwig Brehm, war einer der genaueſten Kenner der heiz miſchen Natux und gehörte mit Bechſtein, Naumann, Thienemann und Gloger zu den Begründern der deutſchen Vogelkunde als Wiſſenſchaſt. Es war ein ganz eigentümliches Leben und Treiben, ziemlih abweichend von demjenigen in den meiſten anderen Pfarrhäuſern, unter wel<hem das dunkelblonde Kind heranwu<hs. Des Paſtors zweite Frau, die Mutter unſeres Alfred, eine geborene Bertha Reiz, war eine Frohnatur wie einſt die Frau Rat in Frankfurt am Main, welche die Kinder vermöge ihrer ſehr lebendigen Erzählungs- und Vorleſungsgabe früh mit der klaſſiſchen Litteratur bekannt machte und ſie, wie auch der Vater that, in ihrem luſtigen Jugendtoben mit äußerſter Nachſicht gewähren ließ. Leßterer hing an manchem Wochentage ſhon am frühen Morgen das Fagdgewehr über die

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. I. IL