Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

416 Vierte Drdnung: Raubtiere; erſte Familie: Kaßen.

beſorgt war, ihm durch ſeine bedeutende Stärke niht zu ſhaden. Während er im Schiffe war, beſtand ſeine hauptſächlichſte Nahrung in Hühnern, und niemals verfehlte er es, ſeine Fertigkeiten zu zeigen, wenn man ihm ein Huhn hinhielt. Vor dem Verſpeiſen ſtürzte er ſi< nah eter Kaßenart mit einem plöglihen Sprunge auf das Huhn hin, gerade als wenn es lebend geweſen wäre, biß es in den Hals und verſuchte, das Blut zu ſaugen. Manchmal ſpielte ex ſtundenlang mit dem Vogel, gerade ſo, wie es die Katen mit Mäuſen zu thun pflegen, und erſt nachdem er eine geraume Zeit mit ihm ſih vergnügt hatte, ging er an das Freſſen.

Ein ſehr ſchöner und geſunder Nebelparder befand ſi< im Tiergarten zu London; ein prächtiges, zahmes, liebenswürdiges Tier, mit welhem der Wärter umging wie mit einer gutmütigen Hauskaße. Nur im Gepard no< kenne ih eine ihm geiſtig verwandte Kaße. Auf einem di>en Zweige, welcher in ſeinem Käfig auſgeſtellt war, nahm er die allerſonderbarſten und zum Teil ſehr unbequeme Stellungen ein. Einmal ſah man ihn ſeiner vollen Länge nach auf einem faſt wagerehten Zweige liegen, alle vier Beine zu den Seiten des Aſtes herabhängend, wie dies ſonſt nux no< Leoparden zu thun pflegen.

Wie Bo > mitteilt, wird auf Borneo das ſchöne Fell des Nebelparders, den er als harmlos und nicht häufig bezeichnet, von den Dajaken als Kriegsſ<hmu> ſehr geſchäßt. Sie ſchneiden unterhalb des Halſes ein Loch hinein, ſte>en den Kopf hindurch und laſſen es über den Rü>en hinabhängen. Manchmal wird auch das Fell zerſchnitten und „zu Matten oder runden Kappen verarbeitet, wel<he der Dajak, ſobald er niht auf dem Kriegspfade iſt, hinten hängen hat, ſo daß ſie ihm als eine Art Sißkiſſen dienen. Die Zähne und Klauen werden als Tali3mane und Dhrverzierungen getragen.“ :

Eine ſchön gezeichnete Kaße, die faſt wie ein verkleinerter Nebelparder erſcheint, auh mit dieſem verwechſelt worden iſt, die Marmelkaße, Doſal der Leptiſcha, Sikmar (Felis marmorata, F. charltoni, Leopardus dosul), übertrifft unſere Hausfaße an Größe; ihre Geſamtlänge beträgt 100 —106 cm, wovon auf den Shwanz 35—40 ecm entfallen. Die Hauptfärbung ihres weihen und dichten Pelzes iſt lehmgelb bis lichtgelbli<h oder röôtlihbraun, unterſeits heller bis faſt weiß. Von der Stirn aus laufen über Kopf, Naen und Rü>en ſ<warze Längsſtreiſen, wel<he vorn und hinten ſih verſchiedentlih in Tüpfel auflöſen und bloß im Na>en ſtets ununterbrochen ſind. Andere gewundene, winkelige oder unregelmäßig ringförmige Fle>enſtreifen ziehen ſchief vom Rü>en gegen den Bauch herab. Die Außenſeite der Glieder iſt mit länglichen oder runden, dunkelbraunen oder ſ<warzen Tüpfeln gezeichnet, ſo auch in der Regel die Jnnen- und Unterſeite, wo ſie aber ſehr wechſeln und manchmal kaum bemerkbar ſind. Unter dem Halſe finden ſi< Querbinden, über und unter dem Auge vielſah je ein heller Fle> und auf den Wangen ſchwarze Streifen. Die Ohren ſind kurz und abgerundet, von außen ſilbergrau mit ſ<hwarzen Säumen, innen roſtgelb; der buſchige Shwanz iſt gräulich roſtgelb, deutlih gefle> und geringelt und faſt gleich ſtarï bis zur Spige.

Die Marmelkage bewohnt waldige Gebirgsgegenden Südoſtaſiens: den öſtlichen Himalaja, Aſſam, Barma, die Malayiſche Halbinſel, Sumatra, Java und vielleiht au< Borneo; in Nepal ſcheint ſie zu fehlen. Über ihr Freileben iſ nichts bekannt; wahrſcheinlih ift ſie ein Baumtier wie der Nebelparder. Gefangene ſieht man ſelten. Ein ſ<höner Marmelfater, welchen ih geraume Zeit pflegte, nahm für gewöhnlich die Stellung einer ſißenden Hausfkaße an. Der Kopf wurde hoch getragen, der Shwanz meiſt über die Vorderpranken geſ<lagen. Das faule Liegen der Leoparden beobachtete ih nie an ihr, obgleich die Kate ſehr zahm war und ſi vor dem Beobachter niht ſcheute, alſo gewiß voller Bequemlihkeit hingegeben haben würde, hätte ſie ſolche im Liegen gefunden. Eine Stimme habe ih nicht vernommen,