Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Wildkatze: Jagdweiſen. Gefährlichkeit. Manul. 423

daß ſie, ehe ſie den Jäger gewahrt, oft freiwillig vom Baume herunterkommt; es ſebt dann fürchterlihe Kämpfe ab. Die wütende Kate haut mit ihrer Kralle oft Riſſe, zielt gern nach den Augen des Hundes und verteidigt ſih mit der hartnä>igſten Wut, ſolange noh ein Funke ihres höchſt zähen Lebens in ihr iſt.“

St. John erzählt von einem Zuſammentreffen mit einer Wildkage in den ſchottiſchen Holhlanden. „Jh war mit Angeln beſchäftigt und kletterte, um nach einer anderen Uferſtelle zu gelangen, über felſigen Boden. Dabei ſank ih in rottendes Heidekraut ein, faſt auf eine Wildkatze, die darunter ſte>te. F< erſchrak ebenſoſehr wie vermutlih das Tier, das mit geſträubtem Haare faſt zwiſchen meinen Beinen herausfuhr. Meine Hunde trieben ſie nah einigen Felsblö>en, wo ſie, auf einem Abſaße außerhalb des Bereiches ihrer Verfolger, ſpu>end und fauchend wie eine gewöhnliche Kate ſich ſtellte. Da ih waffenlos war, ſchnitt ih mix einen tüchtigen Sto, um ſie von ihrem Standorte zu verjagen. Sowie ih ihr aber auf 6 oder 7 Fuß nahe kam, ſprang ſie über die Köpfe der Hunde weg geradeswegs nach meinem Geſichte. Jh wäre ſicherlih niht ohne häßlihe Wunden davongekommen, hätte ih ſie niht glü>liherweiſe im Sprunge getroffen. So aber fiel ſie mit halbgebrochenem Rü>grate zwiſchen die Hunde, die ſie mit meiner Hilfe abfertigten.“ Ein anderes Begegnis aus früherer Zeit teilt uns Hohberg mit. „Als ih“, ſo berichtet er, „Anno 1640 zu Parduwiß auf die Entenpirſch gegangen, hat der Hund ungefähr im di>en Rohr eine wilde Kaz gewittert und auf einen Baum hinaufgetrieben. Der Hund iſt dann um den Baum herumgegangen und hat die Kaz darob angebellt, wie er denn ein ſonderlicher Kazenfeind und ein ſtarker, biſſiger Hund geweſen. Als ih das mit großen Entenſchroten geladene Rohr ergriff, den Anſchlag auf die Kaz genommen und ſie herabſchießen wollen, hat die Kaz einen Sprung in das nächſte Nöhricht gethan, der Hund aber iſt der Kazen nachgeeilt und hat ſie ergriffen. Jh mochte im di>en Gezauſicht niht ſchießen, nahm alſobald meinen Degen und ſtieg ins Geröhricht, da ih den Hund mit der Kazen verwi>elt funden und ſie auf der Erden durch und durchgeſpießet. Die Kaz, als ſie ſih verwundet empfunden, ließ ſtra>s von dem Hunde ab und ſ{<wung ſih, alſo dur<ſtohen, mit ſo großer Furie an der Klingen gegen meine Hand, daß ich ſelbige notwendig habe müſſen fallen laſſen. Entzwiſchen aber erſah der von der Kazen befreyte Hund ſeinen Vortheil, ergriff ſie bei dem Geni> und hielt ſie ſo feſte, daß ih Zeit hatte, mit dem Fuß den Degen wieder aus der Kazen zu ziehen und ihr folgends den Reſt zu geben.“ Manchen Überlieferungen zufolge hat wohl auch hier und da einmal ein Menſch im Kampfe mit einer Wildkaße ſ{<hwere Verwundungen davongetragen und iſt ſogar daran geſtorben.

Von der eigentlichen Wildkatze ſind die bloß verwilderten Hauskagen wohl zu unterſcheiden. Solche trifft man nicht ſelten in unſeren Waldungen an; ſie erreichen aber niemals die Größe der eigentlichen wilden, obwohl ſie unſere Hausfaßen um vieles übertreffen. An Wildheit und Schädlichkeit ſtehen ſie hinter der Wildkagze nicht zurü>, ſcheinen auch ſtets, falls ſie dur<h Generationen im Walde geboren und aufgewachſen ſind, ihrer afrikaniſchen Stammform, der Falbkaße, und dadur<h au< unſerer Wildkaße an Farbe und Zeichnung ähnlich zu werden, gleichgültig, wie das Ausſehen der verwilderten Ureltern war. Nur fehlt ihnen der bezeihnende, gleihſam abgeha>te Schwanz, der helle Fle> an der Kehle und die dunkle Färbung der Sohlen; wo dieſe Merkmale niht ganz ausgeprägt vorkommen, dürfte zunächſt an Blendlinge gedacht werden.

In felſigen Gegenden Südoſtſibiriens, der Tatarei und Mongolei findet ſih der Manul, die Stepnaja-Ko ſchka oder Steppenkage der Grenzkoſaken Transbaikaliens, die Mala der Zunguſen (Felis manul, Catus manul, Felis nigripectus), anſtatt unſerer in ganz Sibirien fehlenden Wildkaße. Das Tier kommt an Größe etwa der Hauskagze gleih; Blanford