Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Hausfkaße: Nagerfang. Fell. Spielarten. Angorakaßze. 441

Hier und da, beiſpielsweiſe in Holland, Belgien und im Schwarzwalde, züchtet man die Kate auch ihres Felles wegen. Die Schwarzwälder Bauern halten, nah Weinland, beſonders einfarbig ſhwarze und einfarbig graue („blaue“) Katen, töten ſie im Winter und verkaufen die Felle an herumziehende Händler. Die Felle werden gewöhnlih ungefärbt verarbeitet und die beſten, je nah ihrer Güte, das Stü> mit 2,5—4 Mark bezahlt. Selbſt das Fleiſh kann Verwendung finden, ſoll fogar ret gut ſein. „Der Kaßenziemer“, berichtet mein werter Freund Geoffroy Saint-Hilaire gelegentlih der Schilderung eines Mittagseſſens während der Belagerung von Paris, „war ſehr köſtlih. Dieſes weiße Fleiſch hat ein angenehmes Anſehen, iſ zart und erinnert im Geſhmad>e einigermaßen an kaltes Kalbfleiſh.“ Auch in dieſer Hinſicht alſo nüßt die Kaze.

Jh denke nah vorſtehendem im Rechte zu ſein, wenn ih für das ſo oft ungerecht behandelte Tier ein gutes Wort einlege. „Wer eine Kaße hat“ ſagt Lenz, „welche nah Kindern kraßt und beißt, überall Töpfe und Tiegel zerbricht, Bratwürſtchen, Butter und Fleiſch davonträgt, Küchlein und junge Bachſtelzen erwürgt, nie und nirgends eine Maus und Ratte fängt, der thut ſehr wohl daran, wenn er ſie je eher je lieber erſchlägt, erſchießt oder erſäuft. Beſißt aber jemand ein Käßchen, welches der Lieblingsgeſpiele der Kinder iſt, nixgends im Hauſe den geringſten Schaden thut und Tag und Nacht auf Maus- und Nattenfang geht, der handelt ſehr weiſe, wenn er es als ſeinen Wohlthäter hegt und pflegt.“

Unter den Krankheiten der Kate iſt die Näude die häufigſte und gefährlichſte, weil ſie anſte>t und oft tödlih wird. Nach Lenz heilt man ſie mit Shwefelblumen, welche auf ein ret fettes Butterflädchen geſtrichen werden. Dieſes zerſhneidet man dann in Würfel und verfüttert es. Es ſoll ſogar ſehr gut ſein, einer geſunden Kaße einmal in ihrem Leben Sqwefelflädchen als Vorbeugemittel zu geben. Von Ungeziefer leiden die Kagzen nicht bedeutend, und der Bandwurm kommt auch ziemlich ſelten vor. Man vertreibt ihn durch die Körner von Hagebutten, welche man verfüttert, oder dur<h einen Abſud von Kuſſoblüten.

Die Kate (Felis maniculata domestica) hat wenig Spielarten. Bei uns ſind folgende Färbungen gewöhnlich: Einfah ſchwarz mit einem weißen Stern mitten auf der Bruſt; ganz weiß; ſemmelgelb und fuhsrot; dunkler mit derſelben Färbung getigert; einfach blaugrau; hellgrau mit dunklen Streifen und dreifarbig mit großen weißen und gelben oder gelbbraunen und kohlſhwarzen oder grauen Fle>en. Die blaugrauen ſind ſehr ſelten, die hellgrauen oder Cyperkaßen gemein; doh müſſen die e<hten hwarze Fußballen und an den Hinterfüßen ſ{<hwarze Sohlen haben. Die ſchönſten oder die Zebrakaßen haben dunkelgraue oder ſ<hwarzbraune Tigerzeihnung. Eigentümlich iſt, daß die dreifarbigen Katen, welche an einigen Orten für Hexen angeſehen und deshalb erſchlagen werden, faſt ausnahmslos weiblichen Geſchlechts ſind.

Als Raſſe im eigentlihen Sinne des Wortes faßt man allgemein die Angorakaße (Felis maniculata domestica angorensÌìs) auf, eine der \{hönſten Kaßen, welche es gibt, ausgezeihnet dur< Größe und langes ſeidenweihes Haar, von rein weißer, gelblicher, gräuliher oder auh gemiſchter Färbung, mit fleiſ<hfarbenen Lippen und Sohlen.

Es wurde bereis erwähnt, daß Pallas geneigt zu ſein ſcheint, den Manul als Stammvater der Angorakate anzuſehen, obgleich leßtere in ihrer Geſtalt weſentli ſih unterſcheidet. Figtinger, welcher Pallas beitreten möchte, erklärt ſie als Erzeugnis einer Kreuzung zwi{hen Manul und Hauskate, ohne jedo<h dafür irgend welche Unterſtüßung beibringen zu können. Mir erſcheint es am wahxſcheinli<hſten, daß ſie nichts anderes iſt als eine aus Gebirgsgegenden herrührende Zuchtraſſe, welche ſi, infolge klimatiſher Einwirkung, nah und nach herausbildete und ihre Merkmale vererbte. Radde ſah im Süden Sibiriens immer nur ſhöne graue oder blaugraue Angorakazen. Die erſten traf er bereits in dem Städtchen