Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

440 2 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Kagen.

fängt und tötet ſie, wenigſtens ſolange ſie jung und unerfahren iſt, frißt ſie aber nicht, weil ihr der Moſhusgeruch zuwider ſein mag, läßt ſie, älter geworden, auh unbehelligt laufen; Eidechſen, Schlangen und Fröſche, Maikäfer, Heuſchre>en und andere Kerbtiere verzehrt ſie zur Abwechſelung. Bei ihrer Jagd bekundet jede Kaße ebenſoviel Ausdauer als Geſchi>lichkeit. Als zünſtiges Raubtier, läßt ſie ſich freilih au<h Übergriffe zu ſ{hulden kommen. Sie nimmt manches Vögelchen weg, ſolange es noch jung und unbehilflih iſt, wagt ſih an ziemlih große Haſen und faßt erwachſene oder ermattete Rebhühner, lauert auch wohl den Küchlein der Haushühner auf und legt ſich unter Umſtänden ſogar auf den Fiſchfang. Der Köchin verurſacht ſie viel Ärger, da ſie ihre Zugehörigkeit zum Hauſe dadurch bethätigt, daß ſie den Speiſeſchrank plündert, wann immer ſie kann. Aber die Summe des Nußens entſcheidet, und ſie überwiegt in dieſem Falle allen erdenklichen Schaden bei weitem.

Es iſt efſtaunlih, was eine Kate in der Vertilgung der Ratten und Mäuſe zu thun vermag. Zahlen beweiſen; deshalb will ih das Ergebnis der Lenzſchen Unterſuchungen und Beobachtungen hier mitteilen: Um zu wiſſen, wieviel denn eigentlich eine Kage in ihrem Mäuſevertilgungsgeſchäfte leiſten kann, habe ih das äußerſt mäuſereiche Jahr 1857 benußt. Jh ſperrte zwei ſemmelgelbe, dunkler getigerte Halbangorakäßchen, als ſie 48 Tage alt waren, în einen kleinen, zu ſolchen Verſuchen eingerichteten Stall, gab ihnen täglih Milch und Brot und daneben jeder 4—10 Mäuſe, welche ſie jedesmal rein auffraßen. Als ſie 56 Tage alt waren, gab ih jeder nur Milch und dazwiſchen 14 ausgewachſene oder zum Teil doch wenigſtens halbwüchſige Mäuſe. Die Käßchen fraßen alle auf, ſpieen nichts wieder aus befanden ſi<h vortreffli<h und hatten am folgenden Tage ihren gewöhnlichen Appetit .…... Kurz darauf ſperrte ih, als die bewußten Mäuſefreſſer entlaſſen waren, in denſelben Stall abends 9 Uhr ein dreifarbiges, 5!/2 Monate altes Halbangorakäßchen und gab ihm für die Nacht kein Futter. Das Tierchen wax, weil es ſih eingeſperrt und von den Geſpielen ſeiner Jugend getrennt ſah, traurig. Am nächſten Morgen ſette ih ihm eine Miſchung von halb Milch, halb Waſſer für den ganzen Tag vor. Jh hatte einen Vorrat von 40 Feldmäuſen und gab ihm davon in Zwiſchenräumen eine Anzahl. Als abends die Glocke 9 Uhr ſchlug, alſo während der 24 Stunden ihrer Gefangenſchaft, hatte ſie 22 Mäuſe gefreſſen, wovon 11 ganz erwahſen, 11 halbwüchſig waren. Dabei ſpie ſie niht, befand ſih ſehr wohl... Jn jenem Fahre waren meine Katzen Tag und Nacht mit Mäuſefang und Mäuſefraß beſchäftigt, und dennoch fraß am 27. September noch jede in Zeit von !/2 Stunde 8 Mäuſe, die ih ihr extra vorwaxrſ . …. .. Nach ſolchen Erfahrungen nehme ich beſtimmt an, daß in reihen Mauſejahren jede mehr als halbwüchſige Kaße im Durchſchnitte täglih 20 Mäuſe, alſo im Jahre 7800 Mäuſe verzehrt. Für mittelmäßige Mauſejahre re<hne ih 3650 oder ſtatt der Mäuſe ein Äquivalent an Ratten ….…. Übrigens geht aus den ſoeben angeführten Beobachtungen ſowie aus anderen, die man leiht bei Eulen und Busaaren, welche man füttert, machen kann, hervor, daß Mäuſe ſehr wenig Nahrung geben; ſie könnten ſonſt niht in ſo ungeheurer Menge ohne Schaden verſhlu>t werden.“

Aber die Katzen nügzen auh in anderer Weiſe. Sie ſreſſen, wie bemerkt, nict allein ſchädliche Kerbtiere, ſondern töten auh Giftſhlangen, niht bloß Kreuzottern, ſondern ſelbſt die ſo überaus fur<htbare Klapperſhlange. „Mehr als einmal habe ih geſehen“, ſagt Ren gger, „daß die Kagen in Paraguay auf ſandigem und grasloſem Boden Klapperſchlangen verfolgten und töteten. Mit der ihnen eigenen Gewandtheit geben ſie denſelben Schläge mit der Pfote und weichen hierauf dem Sprunge ihres Feindes aus. Nollt ſi< die Shlange zuſammen, ſo greifen ſie dieſelbe lange niht an, ſondern gehen um ſie herum, bis ſie müde wird, den Kopf nach ihnen zu drehen. Dann aber verſeten ſie ihr einen neuen Schlag und ſpringen ſogleih auf die Seite. Unter fortgeſeßten Pfotenſhlägen erlegen ſie gewöhnlih ihren Feind, ehe eine Stunde vergeht, berühren aber niemals deſſen Fleiſch.“