Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

548 Vierte Ordnung: Raubtiere; zweite Familie: Schleich kaßen.

die Zibethkaßen erzeugen. Ein im Freien ſtehender Käfig, in welchem ſi<h mehrere dieſer Tiere befinden, verbreitet einen wirklihen Wohlgeruch, weil hier der Biſamduft ſich raſcher verflüchtigt. Zu- und Abnahme des Geruches iſ von mir nicht beobachtet worden.

Wie bei den übrigen Naubtieren ſ<hwankt auch unter den Schleichkaßen die Zahl der Fungen ziemlich erhebli, ſoviel man etwa weiß, zwiſchen eins und ſehs. Die Mütter lieben ihre Brut überaus zärtlich, aber bei einer oder einigen Arten nimmt auch der Vater wenigſtens am Erziehungsgeſchäſte teil. Die Fungen können dur<hſchnittlih leiht gezähmt werden und zeigen ſich dann ebenſo zutrauli< und gutmütig wie die Alten biſſig, wild und ſtörriſch. Sie dauern in der Gefangenſchaft gut aus, und manche Arten werden deshalb in gewiſſen Gegenden in Menge zahm gehalten, damit ihre koſtbare Drüſenabſonderung leichter gewonnen werden kann. Andere verwendet man mit Erfolg zur Kammerjagd. Die Gefangenenkoſt aller Arten beſteht in rohem Fleiſche, Milchbrot und Früchten. Lettere freſſen ſie gleich den meiſten übrigen Raubtieren, mit Ausſchluß der Katen, ſehr begierig, und ſie ſind ihnen zur Erhaltung ihrer Geſundheit auh gewiß ſehr zuträglih. Beachtenswert ſcheint mir zu ſein, daß ſie hinſihtli<h der Kerne einen Unterſchied machen: die Palmenroller, welche in Fndien und auf den Sundainſeln als unliebſame Beſucher der Gärten und Kaffeepflanzungen gehaßt werden, freſſen von unſeren Kirſchen die Steine regelmäßig mit, während alle übrigen Gattungen bloß das Fleiſh verzehren.

Gegen Witterungseinflüſſe zeigen die Schleichtaßen ſi<h empfindli<h. Jm Winter bringt man ſie bei uns in einen geheizten, wenigſtens bede>ten Raum. Jm übrigen verlangen ſie außer Reinlichkeit keine beſondere Pflege. Ein weiches Heulager, auf welchem ſie ſih während der Nuhe zuſammengerollt niederlegen, und ein ihnen paſſender Kletterbaum iſt alles/ was ſie beanſpruchen.

Im ganzen dürfte wohl der Nußen, welchen die Schleichkaßen bringen, den durch ſie veruxſahten Schaden aufwiegen. Fn ihrer Heimat fallen ihre Räubereien nicht ſo ins Gewicht; der Nußen aber, welchen ſie auch freilebend dur<h Wegfangen ſhädlihen Ungeziefers bringen, wird um ſo mehr anerkannt, und dieſer Nugen war denn au< Urſache, daß: eines unſerer Tiere im hohen Altertume von dem merkwürdigen Volke Ägyptens für heilig erklärt und von jedermann hohgeachtet wurde.

Fell und Fleiſ<h werden hier und da ebenfalls verwendet. Von der Ginſterkaze gelangen zwar nicht viele, immerhin aber regelmäßig eine gewiſſe Anzahl in den Handel; das Fleiſ<h wird, laut Dohrn, wenigſtens von den Negern der Prinzeninſel, auf welcher die Zibethkage eingeführt worden iſt, gern gegeſſen.

Eine ſtrenge Sonderung der Schleichkaßen in Unterfamilien iſt {wer dur<führbar. Als hervorragendſte Mitglieder der Familie treten uns einerſeits die Zibethkagzen, andexſeits die Manguſten entgegen, jene mit zurü>ziehbaren, dieſe mit vorſtehenden Krallen. Wir beginnen mit den Zibethkaßen, denen wir die übrigen Schleichkaßen mit zurücßziehbaren Krallen folgen laſſen, und wenden uns dann zu den Manguſten und den anderen mit niht zurü>ziehbaren Krallen bewaffneten Familienangehörigen und folgen ſomit der üblichen Einteilung der S<hleichkaßen in Kaßenfüßige (Ailuropoda) und Hundsfüßige (Cynopoda).

Der Leib der Zibethkaßen (Viverra) iſt leiht und geſtre>t, der ſh<hlaffe Schwanz lang, die Beine aber ſind ziemli<h hoch, die Sohlen ganz behaart; die Füße haben fünf Zehen mit halb einziehbaren Krallen. Kurze, breite Dhren, mäßig große Augen mit rundlichem Stern, die ſpißige Schnauze und Naſe, das weiche Fell ſowie endlich die ſehr entwidelte Drüſentaſche zwiſchen After und Geſchlehtsteilen vervollſtändigen die Merkmale der Gattung.