Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Lebensweiſe. Sinnesſchärfe. Betragen. Gerüche. SAT

au in weite Ferne. Das Gehör ſcheint bei den verſchiedenen Gruppen ziemlih gleihmäßig entwi>elt, aber doh merkli<h ſtumpfer zu ſein als die beiden erſterwähnten Sinne. Ob im übrigen der Geſhma> das Gefühl oder dieſes den Geſchma> überwiegt, mag dahingeſtellt bleiben. Gefühl und zwar ebenſowohl Taſtſinn als Empfindungsvermögen bekunden alle, nicht minder aber auh Geſhma>, denn ſie ſind wahre Le>ermäuler, denen Süßigkeiten aller Art höchſt willkommen zu ſein pflegen.

Die geiſtigen Fähigkeiten der Schleichkaßen dürfen nicht unterſchäßt werden. Alle Arten der Familie, welche ih im Freileben oder als Gefangene kennen gelernt, bekunden viel Verſtand und einen in hohem Grade bildſamen Geiſt. Sie erkennen bald ihnen geſpendete Freundlichkeiten an, unterſcheiden ſhon nah wenigen Tagen ihren Wärter von anderen Leuten und beweiſen dur< ihr Benehmen ihre Dankbarkeit für die ihnen geſpendete Pflege. Demgemäß ändern ſie ihr Betragen nah den Umſtänden, und auch diejenigen unter ihnen, welche ſi< anfänglich wild und unbändig zeigten, werden binnen kurzem zahm und fügſam, lernen den ihnen gegebenen Namen kennen, aten auf den Anruf und nehmen ihren Freunden ſchon in den erſten Wochen ihrer Gefangenſchaft vorgehaltenes Futter vertrauensvoll aus der Hand. Wenige Tiere laſſen ſih leihter behandeln, ſchneller zähmen als ſie, und zwar kann man keineswegs ſagen, daß die Zähmung nur eine ſcheinbare, mehr auf Gleich: gültigkeit als auf Verſtändnis beruhende ſei; denn gerade die gefangenen zeigen, wie gut fie zwiſchen Leuten, welche ihnen wohlwollen oder niht, zu unterſcheiden wiſſen. Sie bekunden Zu- und Abneigung, kommen denen, welche ſie gut behandeln, freundli<h und ohne Mißtrauen entgegen, weichen aber anderen, von denen ſie irgend eine Unbill zu erdulden hatten, entweder ſcheu aus oder ſuchen ſich gelegentli<h nach beſten Kräften und Vermögen zu rächen. Anderen Tieren gegenüber betragen ſie ſih ſehr verſchieden. Gleichartige leben meiſt im tiefſten Frieden zuſammen, verſchiedenartige fallen ſih gegenſeitig wütend an und kämpfen erbittert auf Tod und Leben miteinander. Auch fremde der gleichen Art, welche zu zuſammengewöhnten Stücken gebraht werden, haben im Anfange viel zu leiden, und nicht einmal Geſchleht8unterſchiede werden jederzeit berücſihtigt. Funkelnden Auges betrachten die Eingeſeſſenen den Eindringling; geſträubten Haares und unter wütendem Fauchen oder Zetern greifen ſie ihn an. Dann gelten alle Vorteile, welche eines der Tiere über das andere erringen kann. Zum Knäuel geballt, rollen und wälzen ſich die Streiter in raſender Eile dur den Käfig; der eine iſt bald oben, bald unten, bald in der Schlupfkammer, bald außerhalb derſelben. Bei Gleichſtarken macht ein ſolher Kampf nicht viel aus, denn ſ{<ließli< tritt, namentlih wenn die geſhle<htlihe Liebe ins Spiel kommt, doh der Friede ein; ein Schwächerer aber ſ{hwebt dem Stärkeren gegenüber ſtets in Todesgefahr. Wirkliche Freundſchaftsverhältniſſe ſind ſelten, obſhon auch ſie vorkommen. So habe ih Rollmarder gepflegt, welche wahre Muſterbilder zärtlicher Gatten waren, alles gemeinſchaftlich thaten, zu gleicher Zeit außerhalb ihres Schlaftaſtens erſchienen, gleichzeitig und faſt ohne neidiſche Regungen ſraßen, hübſ< miteinander ſpielten und große Sehnſucht an den Tag legten, wenn ſie getrennt wurden, au< niemals mit den anderen in Streit und Hader gerieten, während ſolcher bei ſonſt gut ſih vertragenden Manguſten jelten gänzlih ausbleibt.

Nur die Zibethkaßzen und die Palmenroller verbreiten einen merklichen Moſchus- oder Biſamgeruch. Die oben erwähnten Drüſen ſondern eine ölige oder fettige, hmierige und ſtark riehende Maſſe ab, welche ſi< in dem Drüſenbeutel abſeßt, gelegentlich entleert wird und, wie es ſcheint, mit der geſhle<htlihen Thätigkeit zuſammenhängt. Es iſt behauptet worden, daß der Geruch in geſchloſſenen Näumen unleidlih werden, Kopfſchmerz und Ekel erregen fönne; an den von mir gepflegten Gefangenen habe i< ſol<he Erfahrungen nicht gemacht. Der Geſtank, welcher von Mardern, oder die kaum minder unangenehme Ausdünſtung, welhe von Wildhunden herrührt, iſt weit unerträglicher als der Geruch, welchen

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