Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

B46: Vierte Drdnung: Raubtiere; zweite Familie: Shleichkaßen.

Sonnenuntergang aber in ihre Schlupfwinkel zurückziehen. Nux ſehr wenige dürfen als träge, langſam und etwas ſchwerfällig bezeihnet werden; die größere Anzahl ſteht an Behendigkeit und Lebhaftigkeit hinter den gewandteſten Naubtieren nicht zurü>. Einige Gattungen geben ſi<h als e<hte Zehengänger kund, während andere beim Gehen mit der ganzen Sohle auftreten; einzelne Arten klettern, die meiſten ſind auf den Boden gebannt. Vorzugsweiſe dem Waſſer gehört keine Schleichkaße an. FJhr Tagleben und ihre Vorliebe für den Aufenthalt auf dem Boden unterſcheidet die Schleichkaßen von den Mardern, denen ſie in mehr als einer Hinſicht ähneln; mehr noh aber weichen beide Tiergruppen hinſichtlich ihres Weſens voneinander ab. Die Marder ſind, wie bekannt, unruhige, unſtete Tiere, welche, einmal in Bewegung, kaum eine Minute lang in einer und derſelben Stellung, ja kaum an demſelben Orte verweilen können, vielmehr unabläſſig hin- und herlaufen, rennen, klettern, ſchwimmen, ſcheinbar zwe>los ſi< bewegen, und alles, was ſie thun, mit einer faſt unverſtändigen Haſt ausführen: die Schleichkaßen ſind beweglih wie ſie, viele von ihnen mindeſtens ebenſo gewandt; allein ihr Auftreten iſt doh ein ganz anderes. Eine gewiſſe Bedachtſamkeit macht ſi bei ihnen unter allen Umſtänden bemerkbar. Ungeachtet aller Behendigkeit erſcheinen ihre Bewegungen gleihmäßiger, einhelliger, überlegter und deshalb anmutiger als die der Marder. Den Ginſterkazen gebührt hinſichtlih der Beweglichkeit die Krone. Es gibt kaum andere Säugetiere, welche wie die kleineren ſ{<lanken Arten dieſer Gruppe in förmlih ſ{<langenhafter Weiſe über den Boden dahingleiten. Geſchmeidig wie ſie, flüchtig und ebenfalls behende, wenn es ſein muß, treten die Nollmarder doch ſehr verſchieden auf. Sie verdienen den von mir der Familie gegebenen Namen Schleichkazen am meiſten; denn kein mir bekanntes Mitglied ihrer Ordnung {leiht ſo bedahtſam und ſo vorſichtig wie ſie dahin. Die Schnelligkeit, mit welcher ſie auf ihre Beute ſpringen, ſteht mit der Langſamkeit ihres gewöhnlichen Ganges im ſonderbarſten Widerſpruche. Anders wiederum bewegen ſi<h die Tagtiere der Familie: die Manguſten. Sie haben die niedrigſten Beine unter allen Verwandten; ihr Leib ſ{<leppt beim Gehen faſt auf dem Boden, und die Seitenhaare des Bauches berühren dieſen wirklich; ſie ſchleichen aber nicht, ſondern trippeln mit ungemein raſchen Schritten eilfertig dahin, können jedo<h auc in einen teilweiſe ſehr [<hnell fördernden hüpfenden Galopp verfallen. Auch ſie ſind raſtlos, jedo<h niht unſtet. Auf ihrem Gange unterſuchen ſie alles; dies aber geſchieht mit einer gewiſſen Folgerichtigkeit: ſie gehen ihren Weg fort und ſhweifen wenig von der einmal angenommenen Nichtung ab. Jhre Bewegungen ſind mehr ſonderbar als anmutig, reißen niht zur Bewunderung hin, fallen aber auf, weil man Ähnliches bei anderen Säugetieren nicht bemerkt. Erforderlichen Falls legen übrigens auh die Manguſten eine Gewandtheit an den Tag, welche höhli<ſt in Exſtaunen ſett.

Unter den Sinnen ſteht wahrſcheinlih bei allen Schleichkaßen der Geruch obenan. Sie ſpüren wie Hunde, beſhnüffeln jeden Gegenſtand, welcher ihnen im Wege liegt, und vergewiſſern ſih dur<h ihre Naſe über das, was ihnen auſſtößt. Als der zweitſchärfſte Sinn dürfte das Geſicht zu bezeihnen ſein. Das Auge iſt bei den verſchiedenen Gruppen abweichend gebildet, der Stern bei der einen kreisrund, bei anderen geſchlizt. Am hellſten und klügſten ſehen die Manguſten in die Welt; das blödeſte Auge haben die Palmenroller oder Rollmarder. Bei ihnen zieht ſih der Stern im Lichte des Tages bis auf einen haarfeinen Spalt zuſammen, welcher in der Mitte eine rundlihe Öffnung von kaum Hirſetorngröße zeigt; bei den Manguſten iſt er faſt kreisrund, bei den Zibethkaßen länglihrund. Erſtere bekunden ſi als vollſtändige Nachttiere, und gerade ihr langſames Schleichen bei Tage beweiſt, daß ſie wie blind im Dunkeln tappen und in grellem Lichte ſi< mehr nah Geruch und Gehör als nah ihrem Geſichte rihten müſſen. Die Zibethkaßen ſehen wahrſcheinlih bei Tage ebenſogut wie bei Nacht, die Manguſten unzweifelhaft bei Tage am beſten, erfahrungsmäßig