Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Steinmarder: Fortpflanzung. Zähmbarkeit. Wert. Zobel. 597 feſten Überzeugung, daß er ſi zerſchellt habe. Des Felles wegen ſtieg einer der Leute hinab und hob den Verunglü>ten auf. Plöblih begann ſich dieſer von neuem zu regen, gab ſeinem Fänger auch ſofort mit einem gehörigen Viſſe das deutlichſte Zeihen ſeines wiedererlangten Bewußtſeins. Gleichwohl ließ der verwundete Mann das Tier nicht fahren, ſondern faßte es ſicher am Halſe und brachte es ſo nah Hauſe. Hier wurde es freundlih und mild behandelt und war nach kurzer Zeit wirklich zahm, ſei es nun infolge des hohen Sturzes oder aus Dankbarkeit für die ihm angethane Freundſchaft. Der Beſiber beſhloß, ihn als Mäuſefänger zu verwenden, und brachte ihn in den Pferdeſtall. Hier war er binnen kurzem nicht nur eingewohnt, ſondern hatte ſih ſogar einen Freund zu erwerben gewußt und zwar eines der Pferde ſelbſt. So oft man in den Stall trat, fand man ihn bei ſeinem Geſellen, “ den er dur< dumpfes Knurren gleihſam zu verteidigen ſuchte. Bald faß er auf dem Nüken des Pferdes, bald auf dem Halſe, bald rannte er auf ihm hin und her, bald ſpielte er mit dem Schwanze oder mit den Ohren ſeines Gaſtfreundes, und dieſer ſchien höchſt erfreut zu ſein über die Zuneigung, welche der kleine Räuber zu ihm gefaßt hatte. Leider wurde dieſer merkwürdige Freundſchaftsbund grauſam zerriſſen. Der Marder geriet bei einem ſeiner nächtlichen Ausflüge in eine Falle und wurde am anderen Morgen tot in ihr gefunden.

Auch dex Steinmarder iſt in der Gefangenſchaft ein ſehr beluſtigendes Tier, unterhaltend wegen der außerordentlihen Behendigkeit und Anmut ſeiner Bewegungen, eigentlich auch keinen Augenbli> in Nuhe, da ex ſi rennend, kletternd, ſpringend, ohne Unterlaß in allen Rihtungen bewegt. Die Gewandtheit des Tieres läßt ſih {wer beſchreiben, und wenn er zuweilen ſih re<t übermütig herumtummelt, kann man kaum unterſcheiden, was Kopf oder Shwanz von ihm iſt. Doch macht ihn der unangenehme Geruch, welchen namentlich das Männchen verbreitet, oft widerlih, und er wird auh durch ſeine Mordluſt anderen, ſ{hwachen Tieren ſehr gefährlich.

Jagd und Fang des Steinmarders exfordern einen wohlerfahrenen Weidmann. Das Tier hält zwar ſeine Wechſel mit größter Regelmäßigkeit ein, wird jedoch leiht mißtrauiſch und weiß dann ſelbſt den geſchi>teſten Jäger zu überliſten. Die kleinſte Veränderung an den von ihm begangenen Stellen kann ihn auf Wochen und Monate vertreiben.

Deutſchland oder Mitteleuropa liefert, nah Lomer, jährlih 250,000, der Norden Europas 150/000 Steinmarderfelle in den Handel, und die Geſamtausbeute hat einen Wert von mehr als 4 Millionen Mark. Die ſchönſten, größten und dunkelſten Felle kommen aus Ungarn und der Türkei; ſie ſtehen am höchſten im Preiſe, die in Deutſchland erbeuteten niedriger. Zu Anfang des vorigen Fahrzehntes wurden ſie mit 15 Mark bezahlt jeßt gelten ſie 8—10 Mark. Felle, die an Schönheit allen weit voranſtehen , liefert, laut Blanford, der Steinmarder in Turkiſtan und Afghaniſtan.

An unſere deutſchen Marder reiht ſich der hohberühmte Zobel (Mustela zibellina, Martes und Viverra zibellina) auf das innigſte an. Fhn unterſcheiden von dem nahe verwandten Edelmarder der kegelförmige Kopf, die großen Ohren, die hohen, ſtarken Beine, die großen Füße und das glänzende, ſeidenweiche Fell. „Beim Zobel“ bemerkt Müßtel, welcher das Glü> hatte, auch dieſen in unſeren Käfigen ſo ſeltenen Marder nah dem Leben zeihnen zu fönnen, „deſſen Leib und Gliederbau im Vergleiche zu anderen Mardern ſtark und gedrungen iſt, erſcheint der Kopf gleichmäßig kegelförmig, man mag ihn betrachten, von welcher Seite man wolle, Die Spiße des Kegels bildet die Naſe; die von ihr zur Stirn verlaufende faſt gerade Linie ſteigt ſteil an, was ſeinen vorzüglichſten Grund darin hat, daß die ſehr langen Haare der Stirn und der Schläfengegend, indem ſie ſih an die großen, aufre<ht ſtehenden Dhren anlegen, dieſe in ihrem unteren Teile bede>en und damit den Winkel, welchen die Ohren mit der Oberfläche des Kopfes bilden, ausfüllen. Auch die Haare auf