Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Frettchen: Kampf mit Jltis. Blendlinge. Wieſel. 613

Das Wieſel und ſeine nähſten Verwandten ſind noh weit ſchlanker und geſtre>ter als die übrigen Marder; ihr Schädel iſt etwas | <mähtiger und hinten ſ{<mäler, der obere Reißzahn ein wenig anders geſtaltet als bei den Fltiſſen. Alle hierher gehörigen Arten halten ſih am liebſten in Feldern, Gärten, Erdhöhlen, Felsrißen, unter Steinen und Holzhaufen auf und jagen faſt ebenſoviel bei Tage wie bei Nacht. Obgleich die kleinſten Raubtiere, zeichnen ſie ſih durh ihren Mut und ihre Raubluſt aus, ſo daß ſie als wahre Muſterbilder der Familie gelten können.

Das Wieſel, Hermännchen oder Hermchen (Putorius vulgaris, Viverra, Mustela und Foetorius vulgaris, Mustela gale, nivalis und pusilla), erreicht eine Gefamtlänge von 20 cm, wovon 4,5 em auf das kurze Shwänzhen zu rechnen ſind. Der außerordentlich geſtre>te Leib ſieht wegen des gleichgebauten Halſes und Kopfes noh ſ<hlanker aus, als er iſt. Vom Kopfe an bis zum Shwanze faſt überall gleih di>, erſcheint ex nur bei Erwalhſenen in den Weichen etwas eingezogen und an der Schnauze ein wenig zugeſpibßt. Er ruht auf ſehr kurzen und dünnen Beinen mit äußerſt zarten Pfoten, deren Sohlen zwiſchen den Zehenballen behaart und deren Zehen mit dünnen, ſpißen und ſcharfen Krallen

Gerippe des Wieſels: (Aus dem Berliner anatomiſhen Muſeum.)

bewaffnet ſind. Der verhältnismäßig kurze Shwanz ſpißt ſich von der Wurzel nah dem Ende allmählih zu. Die Naſe iſt ſtumpf und dur eine Längsfurche einigermaßen geteilt. Die breiten und abgerundeten Ohren ſtehen ſeitlih und weit hinten; die ſchiefliegenden Augen ſind klein, aber ſehr feurig. Eine mittellange, glatte Behaarung de>t den ganzen Leib und zeigt ſi nur in der Nähe der Schnauzenſpiße etwas reihliher. Lange Schnurren vor und über den Augen und einzelne Borſtenhaare unter dieſen ſind außerdem zu bemerken. Die Färbung des Pelzes iſt rötlihbraun; der Rand der Oberlippe und die ganze Unterſeite ſowie die Jnnenſeiten der Beine ſind weiß. Hinter jedem Mundwinkel ſteht ein kleiner, rundlicher, brauner Fle>en, und zuweilen finden ſi< auch einzelne braune Punkte auf dem lichten Bauche. Jn gemäßigten und ſüdlichen Gegenden ändert dieſe Färbung nicht weſentlich ab; weiter nördlih hingegen legt das Wieſel wie ſein nächſter Verwandter eine Wintertracht an und erſcheint dann weißbraun gefle>t, ohne jedoch die ſchöne, ſhwarze Shwanzſpibe zu erhalten, welche das Hermelin ſo auszeihnet.

Das Wieſel bewohnt ganz Europa ziemlich häufig, obſchon vielleicht niht in ſo großer Anzahl wie das nördliche Aſien, und zwar ebenſowohl die flachen wie die gebirgigen Gegenden, buſ{hloſe Ebenen ſo gut wie Wälder, bevölkerte Orte niht minder zahlreich als einſame. Überall findet es einen paſſenden Aufenthalt; denn es weiß ſich einzurihten und entde>t allerorten einen S<hlupfwinkel, welcher ihm die nötige Sicherheit vor ſeinen größeren Feinden gewährt. So wohnt es denn bald in Baumhöhlen, in Steinhaufen, in altem Gemäuer, bald unter hohlen Uferh, in Maulwurfsgängen, Hamſter- und Rattenlöchern, im Winter in Schuppen und Scheuern, Kellern und Ställen, unter Dachböden 2c., häufig auch in Städten. Wo es ungeſtört iſ, ſtreift es ſelbſt bei Tage umher, wo es ſi verfolgt ſieht, bloß des Nachts oder wenigſtens bei Tage nur mit äußerſter Vorſicht.