Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Griſon. Dachs. 645

Unſerem Grimbarte zu Ehren nennen wir die aus Sohlengängern beſtehende zweite Unterfamilie der Marder Dachſe (Melidae) und vereinigen in ihr die plumpeſten und gedrungenſten Geſtalten und die größten Stänker der ganzen Familie.

Das vollendetſte Bild eines ſelbſtſüchtigen, mißtrauiſchen, übellauniſchen und gleihſam mit ſi ſelbſt im Streite liegenden Geſellen iſt der Dachs. Hierüber ſind ſo ziemlich alle Beobachter einig, obgleich ſie den Nuten, welchen dieſer eigentümliche Marder gewährt, nicht verkennen. Der Dachs iſ unter den größeren europäiſhen Raubtieren das unſchädlichſte und wird gleihwohl verfolgt und befehdet wie der Wolf oder der Fuchs, ohne daß er ſelbſt unter den Weidmännern, welche doch bekanntlich diejenigen Tiere am meiſten lieben, denen ſie am eifrigſten nachſtellen, viele Verteidiger gefunden hat. Man ſilt und verurteilt ihn rüd>ſihtslos, ohne zu bedenken, daß er nach ſeiner Weiſe ſ{hle<t und gerecht lebt und, ſo gut es gehen will, ehrlih und redlih ſi<h dur<s Leben ſ{<lägt. Nur die eigentümliche Lebens weiſe, welche er führt, trägt die Schuld der Härte des Urteils über ihn. Ex iſt allerdings ein griesgrämiger, menſchen- und tierſcheuer Einſiedler und dabei ein ſo bequemer und fauler Geſell, wie es nur irgend einen geben kann, und alle dieſe Eigenſchaften ſind in der That niht geeignet, ſih Freunde zu erwerben. F< für meinen Teil muß geſtehen, daß ih ihn niht ungern habe: mich ergößt ſein Leben und Weſen.

- Gedrungener, ſtarker und kräftiger Leib, di>er Hals und langer Kopf, an dem ſich die Schnauze rüſſelförmig zuſpißt, kleine Augen und ebenfalls kleine, aber ſihtbare Ohren, na>te Sohlen und ſtarke Krallen an den Vorderfüßen, der kurze, behaarte Schwanz und der dichte, grobe Pelz ſowie eine Querſpalte, welche zu einer am After liegenden Drüſentaſche führt, kennzeihnen die Gattung Meles, welche der Dachs vertritt. Jm Gebiſſe fällt die Stärke der Zähne, zumal die unverhältnismäßige Größe des einzigen oberen Kauzahnes oder die Abſtumpfung des Fleiſchzahnes, als eigentümlih auf. Außer den Schneide- und Ezähnen finden ſi oben 4, unten 3 Lückzähne, oben 1, unten 2 Mahlzähne in jedem Kiefer; das ganze Gebiß beſteht aus 36 Zähnen.

Der Dachs, Gräving oder Greifing (Meles taxus, Ursus taxus und meles, Taxus yulgaris, Meles yulgaris und europaeus) erreiht bis 75 cm Leibes- und 18 cm Schwanzlänge, bei ungefähr 30 em Höhe am Widerriſte. Alte Männchen erlangen im Herbſte ein Gewicht bis zu 20 kg. Ein ziemlich langes, ſtraffes, faſt borſtenartiges, glänzendes Haarkleid bede>t den ganzen Körper und hüllt auch die Dhren ein. Seine Färbung iſt am Rücken weißgrau und ſ{<warz gemiſcht, weil die einzelnen Haare an der Wurzel meiſt gelblich, in der Mitte ſhwarz und an der Spitze grauweiß ausſehen, an den Körperſeiten und am Shwanze rötlich, auf der Unterſeite und an den Füßen ſ{hwarzbraun. Der Kopf iſt weiß, aber ein matter, ſhwarzer Streifen verläuft jederſeits der Schnauze, verbreitert ſih, geht über die Augen und die weiß behaarten Ohren hinweg und verliert ſih allmählih im Na>ken. Die Weibchen unterſcheiden ſi<h von den Männchen dur geringere Größe und Breite ſowie dur hellere Färbung, welche namentlich durch die weißlichen, dur<ſhimmernden Wollhaare bewirtt wird. Sehr ſelten ſind Dachſe von ganz weißer Färbung, noch ſeltener ſolche, welche auf weißem Grunde dunkel kaſtanienbraune Fle>en zeigen.

Neugeborene Dachſe ſind, nah Döbner, 15, mit dem Schwanze 19 cm lang und tragen ein dünnes, auf dem Bauche äußerſt ſpärliches, aus ſtraffen, verhältnismäßig dien und borſtenartigen, dicht anliegenden Haaren beſtehendes, nur an den dunkel gefärbten Stellen des Körpers mehr oder weniger mit grauen und ſhwarzen Haaren gemengtes, übrigens weiß gefärbtes Fell. Der bei erwahſenen Dachſen zu beiden Seiten des Kopfes verlaufende ſchwarze Streifen iſt bereits deutli ſichtbar, aber no< bräunli<h gefärbt; ebenſo ſehen die