Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Tiergeographiſhe Reiche. Artenzahl. 23

Das ſind drei eigentümlihe Gattungen von Maulwürfen, darunter der höchſt ſonderbare Sternmull, ebenſo viele Gattungen marderartiger Geſchöpfe mit Einſchluß des gefürchteten Stinktieres und die ausgezeichnete Familie der Waſchbären. Auch die Gabelantilope und die Bergziege der Trapper gehören den dem Reiche eigentümlichen Gattungen an. Die Mäuſe Amerikas unterſcheiden ſi weſentli von denen der übrigen Erde, auch eine eigentümliche Springmaus treffen wir hier an, außerdem aber die ſchr ſonderbaren Taſchenratten, welche allerdings die Südgrenze des Reiches überſchreiten. Der Präriehund, das Borſten{wein und das Opoſſum ſind weitere Tiere, welche das arktiſche Reich der Neuen von dem der Alten Welt unterſcheiden. Dann aber fehlen erſterem die Jgel, Wildſchweine und Bilche, während ihm nur ein einziges Schaf eigen iſt.

Die Tierwelt des ſüdamerikaniſhen Reiches iſt beinahe ſo ausgezeichnet wie die Auſtraliens, aber bei weitem reicher. Zahnarme, Beuteltiere und Nager bilden die Haupt maſſe ſeiner Säugetiere. Zu ihnen geſellen ſich die Greifſchwanzaffen und Löwenäffchen, die Vampire, die Naſenbären und Pekaris, die Lamas und Alpakas. Von Zahnarmen finden wix hier allein die Faultiere, die Gürteltiere und Ameiſenbären, unter den Nagern die Chinchillas und Agutis. Die Mehrzahl der Beutelratten iſt auf Südamerika beſchränkt. Es fehlen dem ganzen ſüdamerikaniſchen Reiche die Schleichkaßen, und nur in Weſtindien finden ſich einige wenige Arten von Znſektenfreſſern, während Schafe, Rinder und Antilopen gleihfalls gänzlih fehlen und die Schweine, Elefanten und Nashörner der Alten Welt nur dur die fleinen Pekaris und Tapire erſet werden. So ſteht das ſüdamerikaniſche Reich dur ſeinen Reichtum an eigentümlichen Säugetierformen, von denen viele ein altertümliches Gepräge tragen, verbunden mit ſeinem Mangel zahlreicher ſonſt weitverbreiteter Tiere da als das erſte unter den großen tierfundlichen Reichen der Erde, in dexen Darſtellung wix Wallace gefolgt ſind. Auf die Verbreitung der einzelnen Gruppen der Säugetiere werden wir bei der Beſprehung einer jeden näher eingehen. Ganz im allgemeinen kann man noh ſagen, daß ſi der Verbreitungsbezirk einer Art in oſtweſtliher Richtung regelmäßig weiter erſtre>t als von Norden na<h Süden hin.

Die Anzahl aller jezt lebenden und bekannten Säugetierarten beträgt über zweitauſend. Hiervon gehören etwa 150 Arten Europa (gegen 60 aus\<hließli<h) an; ungefähr 2410 Arten wohnen in Afrika, 350 Arten in Aſien, 400 Arten in Amerika und gegen 140 in Auſtralien.

Hierzu würden die vorweltlichen Säugetiere zu zählen ſein. Die Verbreitung derſelben war eine andere, als die der jeßigen es iſt. Nur wenige Vorweltsſäuger haben die Zeit der Shuttlandsbildung überlebt und finden ſih gegenwärtig noch; die übrigen ſind ausgeſtorben und geſtrichen aus dem Bue der Lebendigen. Aber Neumayr hat es in ſeiner „Erdgeſchichte“ trefflih verſtanden, ihre auf uns überkommenen Reſte neu zu beleben und mit den ins Leben Zurügerufenen die Landſchaften der Vorwelt zu bevölkern.

Leibliche und geiſtige Begabungen eines Säugetieres beſtimmen ſeine Lebensweiſe in der ihm gegebenen Heimat. Jedes richtet ſi< nah ſeinen Gaben ein und benugt die ihm gewordene Ausrüſtung in der ergiebigſten Weiſe. Eine gewiſſe verſtändige Willkür in der Lebensart fann keinem Säugetiere abgeſprochen werden. Sie ſind natürlih mehr an eine gewiſſe Örtlichkeit gebunden als das leite, bewegungsluſtige Volk der Vögel; allein

ſie wiſſen dafür eine ſolche Örtlichkeit vielleicht beſſer oder vielſeitiger zu benußen als dieſe.