Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Seeotter: Stellers Schilderung. 685
gegen den Wind ſo ſtill wie mögli dicht an dem Ufer hin und ſahen uns allerorten fleißig um. Wo wir nur einen Seeotter ſchlafend liegen ſahen, ging einer ganz ſtille auf ſelbigen los, kro< wohl auh auf allen vieren, wenn er nahe war; die anderen benahmen ihm einſtweilen den Weg nach der See. Sobald man ihm ſo nahe kam, daß man ihn mit einem Sprunge zu erreichen date, fuhr man mit einem Male zu und ſuchte ihn mit wiederholten Streichen auf den Kopf zu töten. Entſprang er aber, ehe man ihn erreichen konnte, ſo jagten die anderen gemeinſchaftli< ihn von der Seeſeite weiter nah dem Lande und ſchloſſen ihn im Laufen immer enger ein, da dann dieſes Tier, ſo ſhnell und geſchi>lih es auch laufen kann, endlih ermüdete und leicht erſchlagen wurde. Trafen wir, was oft geſchah, eine ganze Herde an, ſo wählte ſi jeder ſein Tier, welches ihm am nächſten ſchien, und dann ging die Sache noch beſſer von ſtatten. Jm Anfange brauchten wir wenig Fleiß, Liſt und Behendigkeit , weil das ganze Ufer von ihnen voll war und ſie in der größten Sicherheit lagen; ſpäter aber lernten ſie unſere Löffel dergeſtalt kennen, daß man ſie bloß lauernd und mit der äußerſten Vorſicht ans Land gehen ſah. Sie ſchauten allenthalben um ſih her, wandten die Naſen nach jeder Gegend hin, um Witterung zu bekommen, und wenn ſie ſih na< langem Umſehen zur Nuhe gelegt hatten, ſah man ſie manhmal im Schre>en wieder aufſpringen und entweder no<hmals ſich umſehen oder wieder nach der See wandern. Wo eine Herde lag, waren allerorten Wachen von ihnen ausgeſtellt. So hinderten uns auch die boshaften Steinfüchhſe, welche ſie mit Gewalt vom Schlafe erwe>ten oder wahſam erhielten. Deshalb mußten wir immer neue Stellen aufſuhen und immer weiter auf die Jagd gehen, auch die finſtere Nacht der hellen und das ungeſtüme Wetter dem ruhigen vorziehen, um ſie nur zu bekommen, weil unſere Erhaltung darauf beruhte. Aller dieſer Hinderniſſe ungeachtet ſind jedo<h vom 6. September 1741 bis zum 17. Auguſt 1742 über 700 Stü von ihnen dur uns erſchlagen, von uns verzehrt und ihre Felle von uns zum Wahrzeichen mit nah Kamtſchatka genommen worden. Weil man ſie aber öfters ohne Not nur der Felle wegen erſchlagen, ja auch öfters, wenn dieſe niht ſhwarz genug waren, mit Fell und Fleiſch liegen laſſen, kam es dur< unſere heilloſe Verfolgung der Tiere dahin, daß wir im Frühjahre, nahdem unſere Mundvorräte verzehrt waren, die Otter ſhon auf 50 Werſt von unſeren Wohnungen abgetrieben hatten. Man hätte ſi< nun gern mit Seehunden begnügt; dieſe aber waren allzu liſtig, als daß ſie ſi<h weiter auf das Land hätten wagen ſollen, und es war immer ein großes Glü>k, wenn man einen Seehund erſ<leihen konnte.
„Die Kurilen gehen im Frühjahre mit leeren Booten, worin 6 Ruderer, 1 Steuermann und 1 Schüte befindli ſind, auf 10 Werſt und weiter in die See. Wenn ſie einen Seeotter erbli>en, rudern ſie mit allen Kräften auf ihn los. Der Otter ſpart aber auh keinen Fleiß, um zu entkommen. Fſſtt das Boot nahe genug, ſo ſchießen der Steuermann und die vornſizenden Schüßen mit dem Pfeile nah dem Tiere. Treffen ſie es niht, ſo zwingen ſie es doh unterzutauchen, und laſſen es niht wieder aufkommen, ohne es gleih wieder dur einen Pfeil am Atemholen zu hindern. An den aufſteigenden Blaſen bemerken ſie, wo ſich der Otter hinwendet, und dahin ſteuert auh der Steuermann das Fahrzeug. Der Vordermann aber fiſcht mit einer Stange, an welcher kleine Querſtö>ke wie an einer Bürſte ſißen, die wieder emporkommenden Pfeile aus der See auf. Wenn der Otter ein Funges bei ſih hat, fommt dieſes zuerſt außer Atem und erſäuſt. Dann wirft es die Alte, um ſich beſſer retten zu önnen, weg; man fängt es auf und nimmt es in das Boot, wo es nicht ſelten wieder zu ſi<h kommt. Endlich wird auh die Mutter oder das männliche Tier ſo atemlos und matt, daß es ſih keine Minute lang unter dem Waſſer aufhalten kann. Da erlegen es die Jäger entweder mit einem Pfeile oder in der Nähe mit der Lanze. Wenn Seeotter in Stellneße geraten, womit man ſie auh zu fangen pflegt, verfallen ſie in eine ſolche