Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Erſte Ordnung. Die Affen (Pithec1).

Wagler nennt die Affen „umgewandelte Menſchen“ und wiederholt damit die uralte und doh immex neue Anſicht aller Völker, welche mit dieſen frabenhaften Weſen verkehrt haben und verkehren; nahezu das Gegenteil ſeines Ausſpruches würde heutzutage gültigen Anſchauungen entſprochen haben. Nicht die Affen ſind umgewandelte Menſchen, ſondern dieſe vollkommener entwi>elte Vettern der Affen.

Von den alten Völkern ſcheinen nur die Ägypter und Jnder eine gewiſſe Zuneigung für die Affen gezeigt zu haben. Die alten Ägypter, auf deren Affenwürdigung ih zurü>: fommen werde, gruben ihre Bildniſſe in den unvergänglichen Porphyx ein und ſchufen nach ihnen die Abbilder ihrer Götter; die alten Jnder erbauten ihnen, wie ihre Nachkommen es heute no< thun, Häuſer und Tempel. Salomo ließ ſih zwar ebenfalls Affen aus Ophir kommen, und die Römer hielten ſolche zu ihrem Vergnügen, ſtudierten, ihren Leib zergliedernd, an ihnen den inneren Vau des Menſchen, freuten ſih der drolligen Nachahmungsſucht der Tiere, ließen ſie wohl au< mit Raubtieren kämpfen, befreundeten ih aber nie re<t mit ihnen und verkannten ebenſowenig wie Salomo das „Tier“ in ihnen. Die Araber gehen noh weiter; denn ſie ſehen in ihnen Söhne, Enkel, Urenkel und Nachkommen des Ungerechten, denen nichts heilig, nihts achtbar, nichts zu gut und nichts zu ¡<le<t iſt, welche keine Freundſchaft halten mit anderen Geſchöpfen des Herrn und verflucht ſind ſeit dem Tage, an welchem ſie dur das Strafgericht des Gerechten aus Menſchen zu Affen verwandelt wurden, von Allah Verdammte, welche jeßt das Bild des Teufels und des Adamsſohnes in wunderlicher Vereinigung zur Schau tragen.

Vir denken niht viel anders als die Araber. Anſtatt unſere nächſten Verwandten wollen au< wir kaum mehr in ihnen exkennen als Zerrbilder unſerer ſelbſt, ſ<leudern das Urteil der Verdammnis auf ſie und finden bloß diejenigen Affen wirkli< anziehend, welche die wenigſte Ähnlichkeit mit den Menſchen zeigen, während uns alle diejenigen Arten, bei denen dieſe Ähnlichkeit ſchärfer hervortritt, viel weniger anmuten. Unſer Widerwille gegen die Affen begründet ſich ebenſowohl auf deren leibliche wie geiſtige Begabungen. Sie ähneln dem Menſchen zu viel und zu wenig. Jn der Geſtalt des Menſchen zeigt ſih vollendetes Ebenmaß, in der Affengeſtalt gibt ſih oft widerliche Fraßenhaftigkeit kund. Ein einziger Bli> auf das Knochengerüſt des Menſchen und das des Affen zeigt den in beider Anlage begründeten Unterſchied, welcher jedoh tkeineswegs ein durchgreifender iſt, vielmehr nur als ein bedingter, nicht aber unbedingter aufgefaßt werden darf. Fedenfalls iſt es unrichtig, die Affen als mißgebildete Geſchöpfe zu bezeihnen, wie gewöhnlich zu geſchehen pflegt und auh von mix ſelbſt geſchehen iſt. Es gibt bildſchöne, und es gibt ſehr häßliche Affen; mit

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