Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Aſiatiſcher Elefant: Größe. Gewicht. Schläge Weißlinge. 7
Hellfarbige oder auch bloß hell gefle>te Tiere, ſogenannte weiße Elefanten, kommen ſehr ſelten vox. . Jn Berichten aus JFndien wird nux ſehr ausnahmsweiſe einmal ein derartig gezeihnetes Stück erwähnt; Sanderſon hat bloß zwei geſehen, einen davon mit lichtblauen Augen, fügt aber hinzu, daß der Wert eines Kumiria außerordentlich geſteigert werde, falls dieſer im Geſichte und an den Ohren hell gefle>t ſei. Jn Siam, wo Weißlinge von allerhand Tieren hochgeſhäßt werden, weil man glaubt, daß ſie die Herren ihrer Art ſeien, wo der weiße Elefant, als das mähtigſte aller Tiere, heilig gehalten wird und au< einer der Titel des Königs „Herr des weißen Elefanten“ lautet, ſcheint man troß aller Anſtrengungen nur äußerſt weniger hell gefärbter Stücke habhaft werden zu können und einen wirklihen Weißling überhaupt noh nict beſeſſen zu haben. Als C. Bo> 1881 in Bangkok weilte, wurden ihm dort zwei dieſer Tiere gezeigt, „welche heller gefärbt waren als die übrigen und ein paar weiße Fle>en auf den Ohren hatten. Der Unterſchied in dev Färbung war kaum merkbar.“ Gerade um dieſe Zeit ſollte aber im Oberlande ein wirk: lih weißer Elefant gefangen worden ſein, der nun zum Könige gebracht wurde. Am Tage der gemeldeten Ankunft war die ganze Stadt in feſtlicher Erregung, und es wurde ein außer: ordentliches Shaugepränge entwi>elt. Unſer Gewährsmann, der zum Fluſſe gegangen war, um auch die Ausſchiffung des heiligen Tieres anzuſehen, ſchildert die Einholung und den Helden der Feierlichkeit folgendermaßen: „Fn dieſem Augenbli>e begannen die Muſiker die Nationalhymne zu ſpielen; wir traten auf die Seite, um den Zug vorüber zu laſſen. Hinter den Bläſern kam ein Trupp ſiameſiſcher Muſiker, vom Kopfe bis zum Fuße in Scharlach, mit Tamtams, Muſcheln und anderen mißtönenden Fnſtrumenten. Dann die Staatselefanten, die drei größten voran, mit Goldgeſchirr, welches im Gegenſagße zu ihrer matten Haut ſtrahlte und ſchimmerte, reichverzierte und vergoldete Tragſeſſel auf dem Rü>ken. Dahinter ein paar Leibgardiſten des Königs, die Herolde, Kämmerer und andere Beamte dann S. Majeſtät, getragen auf einem reihvergoldeten und mit Perlmutter eingelegten Prachtſtuhle, auf dem er mit gekreuzten Beinen ſaß, und vor den gerade an dieſem Tage ſengenden Sonnenſtrahlen dur einen mächtigen vergoldeten Schirm geſhüßt .… Der Majeſtät folgien Pagen und Diener mit funkelnden Betelbüchſen, Theetöpfen 2c. aus ſhwerem Golde und Geſchenken für das Volk und beſonders die Geiſtlichkeit zu Ehren des glücklichen Ereigniſſes. Hierauf kam, umgeben von Prinzen und Würdenträgern, der Oheim des Königs, auh Miniſter des Nordens von Siam und Lao, auf deſſen Schultern die ganze Laſt der ſämtlichen Vorkehrungen zum Empfange des weißen Elefanten geruht hatte — jeßt kam alſo der Held des Tages, der weiße Eleſant ſelbſt, in Geſellſchaft von drei anderen ſogenannten weißen Elefanten, mit denen verglichen er ſicherlich die ſtolze Bezeichnung verdiente. J< würde freilich der Farbenblindheit beſchuldigt werden müſſen, wollte ih ihn als „weiß: beſchreiben. Aber er iſt ein vollkommener Albino; ſein ganzer Körper ſieht blaß rötlihbraun aus; auf dem Nüfen ſtehen ein paar wirklih weiße Haare. Die Jris des Auges, deren Färbung für ein gutes Merkmal eines Weißlinges gehalten wird, war blaß neapelgelb. Er bli>te ſehr friedlih drein, wurde übrigens von ſeinem Karnak geſührt, nicht geritten; zu der allgemeinen Aufregung bildete ſeine Seelenruhe, gleih als wenn er ſeine Wichtigkeit fühlte, einen ſcharfen Gegenſaßz.“
Das Wundertier wurde zu einem eigens gebauten Stalle geführt, wo es etwa zwei Monate verblieb, um endlih, wohl vorbereitet und aller böſen Geiſter ledig, innerhalb des föniglihen Palaſtes ſeinen Play zu finden. Es wurde zunächſt auf einem erhöhten Stande mit einem um das Hinterbein gelegten Seile an einem weißen Pfahle befeſtigt, daneben eine rote Tafel mit folgender wörtlich übertragener Fnſchrift in Gold gehängt: „Ein Elefant von ſ{höner Farbe; Haar, Huſe und Augen ſind weiß. Vollendung in Geſtalt, mit allen Zeichen von Nichtigkeit der hohen Familie. Die Farbe der Haut iſt die des Lotos. Ein