Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
418 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.
im Einklange ſteht. Unmöglich kann man das Gnu ein ſ{hönes Tier nennen, ſo zierli< auch der Bau mancher einzelner Teile ſein mag.
Die Merkmale der artenarmen Gattung der Gnus ſind folgende. Der auf mäßig hohen, ſ<lanken Läufen ruhende Leib iſt gedrungen, vorn merklih höher geſtellt als hinten, der Kopf faſt viere>ig, die Muffel breit wie bei den Rindern, das Naſenloch wie gede>Æelt, das wie von einem Sternenkranze weißer Borſten kreisartig umgebene Auge von wildem und bösartigem Ausdru>e, das Dhr klein und zugeſpißt, das Gehörn, welches beide Gef<le<ter tragen, auf der Stirnleiſte aufgeſeßt, platt gedrü>t, ſehr breit, narbig, ſeitlih abwärts und mit den Spißen aufwärts gebogen, der Shwanz lang bequaſtet wie ein Roßſhweif, die Geſichtsfirſte, der Hals, Rücken, die Kehle und Wange ſtark bemähnt, das übrige Haarfleid glatt anliegend. Jm Fnneren der Naſenlöcher befindet ſi eine bewegliche Klappe; auf der Wange ſtehen an Stelle der fehlenden Thränengruben drüſige Warzen.
Das Gnu oder Wildebeeſ der Boers, Fmbutuma der Kaffern (Catoblepas gnu, Antilope und Bos gnu, Bos connochaetes), erreiht eine Geſamtlänge von 2,8 m, einſ<ließli< des Shwanzes, welcher ohne Haar 50 cm, mit den Haaren aber 80—90 ecm mißt, bei 1,2 m Schulterhöhe. Die vorherrſchende Färbung iſt ein dunkles Graubraun, wel{<es an manchen Stellen heller, an manchen dunkler erſcheint und bald mehr ins Gelbe oder Nötliche, bald mehr ins Shwärzliche zieht; die Na>enmähne ſieht weißlih aus, weil die Haare derſelben an der Wurzel grauweiß, in der Mitte ſ{hwarz und an der Spißte rötlih ſind; dagegen haben Bruſt: und Halsmähne, die Haarbüſchel auf dem Naſenrü>en und unter dem Auge braune, die Borſtenhaare um die Augen, die Schnurrborſten, der Kinnbart und das Schweifhaar weißliche, die Haare der Shwanzrute an der Wurzel graubraune und an der Spige weißliche Färbung. Das Weibchen iſt klciner und fein Gehörn \<hwäher, ſeine Färbung der des Männchens vollkommen gleih. Jung geborene Kälber haben noh fein Gehörn, aber ſchon die Hals- und Na>enmähne.
Das Gnu bewohnt Südaſrika; im Kaplande iſt es ausgerottet. Nach den Angaben glaubhafter Beobachter wandern ſie alljährlih, nah der Meinung A. Smiths, wie die Vögel, aus angeborenem Wanderdrange, welcher ſie zwingt, blindlings ihrem Geſchi>ke entgegenzugehen, ſelbſt wenn dieſes ihr Verderben ſein ſollte, nah unſerer Anſicht, wie die übrigen Antilopen, aus Mangel an Weide. Es ſind höchſt bewegliche, mutwillige Tiere, welche es meiſterhaft verſtehen, die weiten Ebenen zu beleben. „Unter allen Tieren“, ſagt Harris, „erſcheint das Gnu als das ungeſchi>teſte und das abſonderlichſte, ebenſowohl was ſein äußeres Anſehen als was ſeine Sitten und Gewohnheiten anlangt. Die Natur hat es in einer ihrer Launen geſtaltet, und es iſt kaum mögli, ſeine ungeſchi>äten Gebärden ohne Lachen zu betrachten: nach allen Richtungen hin ſi< {hwenkend und beugend, das zottige und bebartete Haupt zwiſchen die ſ<hlanken, muskelkräftigen Glieder herabgebogen, den langen, weißen Shwanz dem Winde preisgebend, macht dieſes poſſenhafte und ſtets ſcheue Tier gleichzeitig einen ebenſo wilden wie lächerlichen Eindru>. Plößblich ſteht es ſtill, gibt ſi den Anſchein, als ob es ſich verteidigen wolle, und legt das bärtige Haupt zum Stoße zureht: ſein Auge ſcheint Vliße zu ſprühen, und ſein Grunzen, welches an das Brüllen des Löwen erinnert, erſchallt mit Kraft und Ausdru>; dann plößlih wieder peitſcht es die Seiten mit dem langen Shwanze, ſpringt, bäumt und dreht ſich, fällt auf die Feſſel: gelenke nieder, erhebt ſi< und ſauſt einen Augenbli> ſpäter über die Ebene dahin, Daß Der Staub hinter ihm in Wolken aufwirbelt.“ So lernt es jeder Reiſende kennen, welcher das Jnnere Südafrikas betritt; denn es iſt neugierig im höchſten Grade und nähert ſich abſihtli jedem Gegenſtande, welcher ſeine Aufmerkſamkeit erregt, namentlich aber dem ſi zeigenden Menſchen. Geſellig, lebhaft und ungemein raſtlos, weder an Waſſer, noh an Gras,