Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Damhivrſ<: Lebensweiſe. Bewegung. Fortpflanzung. 461

allgemeinen feſter als dieſes und pflegt auch ſtärkere Rudel zu bilden. Jm Sommer ſtehen die ſtarken Schaufler einzeln oder in kleinen Trupps, während die geringen Hirſche und Spießer mit den Tieren und Kälbern vereinigt gehen. Mitte Oktober ſuchen die Damhirſche ihre Rudel auf und treiben die Spießer und geringen Hirſche vom Nudel ab, ſie hierdur< zwingend, kleinere Trupps unter ſih zu bilden; ſobald aber die ſtärkeren Hirſche abgebrunſtet haben, erſheinen die {<wäheren wieder beim Rudel. Die Damhirſche ſind um die Brunſtzeit, die erſt beginnt, wenn die des NRotwildes vorüber iſt, ſehr erregt. Der Brunftruf, den man häufig {hon während des Nachmittags vernehmen kann, iſt niht beſonders laut und hat gar nichts Großartiges an ſi; er gleicht einem derben, kurzen Schnarhen oder au< dem Röcheln eines Gewürgten. Jn Tiergärten duldet man bloß drei- oder vierjährige Shaufler, weil die älteren ſo kampfluſtig ſind, daß dadur< die Vermehrung des Standes weſentli beeinträchtigt wird. Ein Hirſh genügt ungefähr acht Tieren; aber auch ſhon Spießer ſind im ſtande, fruchtbar zu beſchlagen. Nach ungefähr 14 Tagen iſt die Brunft vorüber.

Das Damtier geht 8 Monate beſchlagen und ſeßt gewöhnlich im Juni ein Kalb, ſeltener deren zwei. Das Junge iſt in den erſten Tagen ſeines Lebens ſehr unbehilflih und muß deshalb von den Alten ſorgfältig beſhüßt und gehütet werden. Kleinere Naubtiere, welche ein Gelüſt nah dem bunten Kälbchen zeigen, treibt die Mutter dur< Schlagen mit den Vorderläufen ab; vor größeren Raubtieren geht ſie langſam dahin, um ſie von dem Plate abzulo>en, wo ihr Kind verborgen ruht, entflieht eiligſt und kehrt unter unzähligen Haken und Widergängen nach dem alten Plage zurü>. Wenn das Damhirſchkalb 6 Monate alt iſt, zeigen ſih bei dem männlihen Erhebungen auf dem Noſenſto>e, aus denen zu Ende des nächſten Februars die Spieße hervortreten und bis zum Fegen im Auguſt ſi ausbilden. Nun heißt das Kalb ein Spießer; im zweiten Fahre wird ein Gabler daraus; im dritten Zahre treten kurze Augenſproſſen, bei re<t guter Äſung auh wohl an- jeder Stange ein oder zwei kurz abgeſtumpfte Enden hervor, welche im folgenden Fahre ſi< zu vermehren pflegen und den geringen Hirſ\< kennzeihnen. Erſt im fünften Fahre beginnt die Bildung der Shaufeln, wel<he mit der Zeit ebenſowohl an Größe zunehmen wie auh mehr und mehr Nandſproſſen erhalten. Solche Hirſche heißen geringe Shaufler, gute und Hauptſchaufler, je nah der Größe ihres Geweihes; jüngere nennt man auch Hirſche vom zweiten und dritten Kopfe. Geweihe recht alter Damhirſche ſind oft ſehr ſchön und 5—7 kg ſ<wer. Aus dem Kalbe weiblichen Geſchlechtes wird, wenn es ein Zahr alt iſt, ein Shmaltier und, wenn es zum erſtenmal gebrunftet hat, ein Alttier. Die alten Hirſche werfen im Mai, die Spießer erſt im Juni gb, gewöhnlih jedoch nicht beide Stangen zu gleicher Zeit, ſondern im Verlaufe von 2—8 Tagen. Vis zum Auguſt und September iſt der neue Kopfſhmu> ausgebildet.

Der Tritt des Damwildes iſt vorn mehr zugeſpißt und verhältnismäßig länger als der des Rotwildes; er ähnelt am meiſten der Fährte einer Ziege, iſt aber ſelbſtverſtändlich um vieles ſtärker.

Man jagt das Damwild entweder in großen Treiben oder auf Birſchgängen; auch iſt, weil es ſehr genau Wechſel hält der Anſtand lohnend. Am leichteſten iſt ihm birſchend anzukommen, wenn man in Geſellſchaft eines Gefährten ſeinen Weg trällernd oder pfeifend dahin wandelt, ſich aber dabei auf einer oder der anderen Seite unmerklih heranzieht. Fn gehöriger Büchſenſhußweite bleibt dann der Schüße, welcher ſi< dur< einen Baumſtrauh oder auf andere Weiſe gede>t hat, ſtehen, während der Begleiter immer trällernd oder pfeifend ſeinen Weg fortſeßt, bis der erſte geſchoſſen hat. „Mix iſt es manchmal gelungen“, jagt Dietrich aus dem Win>ell, ¿einige ſtarke Damwildſtücke, welche auf einem großen, freien Plate ſtanden, auf folgende Art zu täuſchen. An einem Orte, wo das Wild mich