Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Edelhirſ<: Allgemeines, Geweih. 463

ſtarte Hirſche vor, die 300 kg und darüber wiegen. Das Tier iſ bedeutend kleiner und gewöhnlih auch anders gefärbt. Hinſihtlih der Größe bleibt unſer Edelhirſ< nur hinter dem Wapiti und dem perſiſchen Hirſche zurü>, wogegen er die übrigen bekannten Arten ſeiner Gattung übertrifft. Er hat geſtre>ten, in den Weichen eingezogenen Leib mit breiter Bruſt und ſtark hervortretenden Schultern, geraden und flachen Rü>ken, welcher am Widerriſte etwas erhaben und am Kreuze vorſtehend -gerundet iſt, langen, ſchlanken, ſeitlich zuſammengedrüd>ten Hals und langen, am Hinterhaupte hohen und breiten, nah vorn zu ſtart verſhmälerten Kopf, mit flacher, zwiſchen den Augen ausgehöhlter Stirne und geradem Naſenrücen. Die Augen ſind mittelgroß und lebhaft, ihre Sterne länglihrund. Die Thränengruben ſtehen \hräg abwärts gegen den Mundwinkel zu, ſind ziemlich groß und bilden eine ſ<male, länglihe Einbuchtung, an deren inneren Wänden eine fettige, breiartige Maſſe abgeſondert wird, welche das Tier ſpäter dur Reiben an den Bäumen auspreßt. Mittelhohe, ſhlanke, aber doch kräftige Beine tragen den Rumpf, und gerade, ſpißige, ſchmale und [hlanke Hufe umſließen die Zehen; die Afterklauen ſind länglihrund, an der Spitze flach abgeſtußt und gerade herabhängend, berühren aber den Boden niht. Der Schwanz iſt kegelförmig gebildet und nach der Spige zu verſhmälert. Ein feines Woll- und ein grobes Grannenhaar de>t den Leib und liegt ziemlih glatt und dicht an, nur am Vorderhalſe verlängert es ſi< bedeutend. Meiner Anſicht nach beſteht die Winterde>e niht aus Grannen, ſondern ausſ<ließlih aus überwuchernden, eigentümlich veränderten Wollhaaren, zwiſchen denen ſi< noh einige wenige wie gewöhnlich gebildete befinden. Die richtige Deutung der Haare des Winterkleides unſerer Wildarten iſt übrigens ſchwer und eine irrige Anſicht in dieſer Beziehung leiht möglih. Die ſtraffe, niht überhängende Oberlippe des Edelhirſches trägt drei Reihen dünner, langer Borſten ; ähnliche Haargebilde ſtehen auh über den Augen. Nach Jahreszeit, Geſhle<t und Alter ändert die Färbung des Rotwildes. Jm Winter ſind die Grannen mehr graubraun, im Sommer mehr rötlihbraun; das Wollhaar iſt aſchgrau mit bräunlicher Spige. Am Maule fällt das Haar ins Schwärzliche, um den After herum ins Gelblihe. Nur die Kälber zeigen in den erſten Monaten weiße Fle>en auf der rotbraunen Grundfarbe. Mancherlei Farbenänderungen kommen vor, indem die Grundfärbung man<mal ins Shwarzbraune, man<hmal ins Fahlgelbe übergeht. Hirſche, welche auf farbigem Grunde weiß gefle>t oder vollkommen weiß ſind, gelten als ſeltene Erſcheinung. Jn neuerer Zeit ſind verſchiedentlih Wapitihirſche mit unſerem Rotwilde erfolgrei getreuzt worden.

Das Geweih des Hirſches ſigt auf einem kurzen Roſenſto>ke auf und iſt einfa veräſtelt, vielſproſſig und aufre<t ſtehend. Von der Wurzel an biegen ſi< die Stangen in einem ziemlich ſtarken Bogen, der Stirn gleichgerichtet, nah rü>wärts und auswärts, oben krümmen ſie ſi< wieder in leichtem Bogen nah einwärts und kehren dann ihre Spißen etwas gegeneinander. Zu unterſt entſpringt auf der Vorderſeite der Stange die Augenſproſſe, welche ſi< nach vor- und aufwärts richtet; über dieſer, bald näher, bald entfernter, tritt die Eisſproſſe hervor; in der Mitte der Stange wächſt die Mittelſproſſe heraus, und am Gnde bildet ſi die Krone, deren Zaen in Stellung und Größe je nah dem Alter oder der Eigenart des Hirſches mannigfaltig abändern. Die Stangen ſind rund, aber rauh, mehr oder minder perlig, vornehmlich in den unteren Teilen, und mit zahlreichen teils geraden, teils geſ<hlängelten Längsfurchen dur<zogen. Die Spitzen der Enden ſind glatt, abgeſchlifſen, ſ<muzig weiß oder gelblich gefärbt, während das Geweih im übrigen je nah den Pflanzenſäfſten, die es gebeizt haben, eine hell [ohbraune bis ſhwarzbraune Färbung beſitzt. Ein ſtarkes Geweih wiegt 5—8 kg, fann aber ausnahmsweiſe auch heutzutage noch ein Gewicht von 10—12 kg und ſogar darüber erreichen; die Stangen können, der Krümmung nah gemeſſen, 80—120 cm lang, in ſehr ſeltenen Fällen noch länger werden und 80 bis