Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Schweine: Allgemeines. DIS:

geeignet, wie überhaupt ihre Eigenſchaften niht eben anſprechend genannt werden dürfen. Die Stimme iſt ein fonderbares Grunzen, welches viel Behäbigkeit und Selbſtzufriedenheit oder Gemütlichkeit ausdrü>t. Von alten Keilern vernimmt man auh ein tiefes Brummen.

Die Schweine ſind Allesfreſſer in des Wortes vollſter Bedeutung. Was nur irgend genießbar iſt, erſcheint ihnen re<t. Wenige von ihnen ernähren ſih aus\{<ließlih von Pflanzenſtoffen, Wurzeln, Kräutern, Feld- und Baumfrüchten, Zwiebeln, Pilzen 2c., die übrigen verzehren nebenbei au< Kerbtiere und deren Larven, Schne>en, Würmer, Lurche, Mäuſe, ja ſelbſt Fiſche, und mit Vorliebe Aas. Jhre Gefräßigkeit iſt ſo bekannt, daß darüber nichts geſagt zu werden braucht: in ihr gehen eigentlih alle übrigen Eigenſchaften unter, mit alleiniger Ausnahme der beiſpielloſen Unreinlichkeit, welche ihnen die Mißachtung des Menſchen eingetragen hat.

Nur bei den wenigſten Arten wirft die Bache ein einziges oder eine kleine Schar von Ferkeln; die übrigen bringen viele Junge zur Welt, zuweilen mehr als irgend ein anderes Säugetier, bis 24 nämlich. “Die Friſchlinge ſind allerliebſte, luſtige, bewegliche Geſchöpfe, welche jedermann entzüden würden, wenn ſie nicht die Unreinlihkeit der Alten vom erſten Tage ihres Lebens an zeigten. Sie wachſen überraſchend ſchnell und ſind bereits nah Jahresfriſt fortpflanzungsfähig, weshalb auch alle ihnen beſonders zuſagenden Länder von ihnen wimmeln und ſie ſelbſt da, wo ſie in keiner Weiſe geſchont werden , nur ſ{hwierig auszurotten ſind

Jhre außerordentliche Vermehrungsfähigkeit und Gleichgültigkeit gegen veränderte Umſtände eignen ſie in hohem Grade für den Hausſtand. Wenige Tiere laſſen ſich ſo leicht zähmen, wenige verwildern aber auch ſo leicht wieder wie ſie. Ein junges Wildſchwein gewöhnt fih meiſt bald an die Gefangenſchaft, an den ſ{hmuzigſten Stall, ein in dieſem geborenes Hausſchwein wird ſhon nah wenigen in der Freiheit verlebten Jahren zu einem wilden und bösartigen Tiere, das ſi<h von ſeinen Ahnen kaum noch unterſcheidet und in der Regel ſhon beim erſten Wurfe Junge bringt, welhe e<ten Wildſhweinen vollſtändig gleichen.

Alle Wildſchweine fügen dem A>erbau treibenden Menſchen ſo großen Schaden zu, daß ſie ſich niht mit dem Anbaue des Bodens vertragen. Sie werden deshalb überall aufs eifrigſte verfolgt, wo der Menſch zux Herrſchaft gelangt. Jhre Jagd gilt als eines der edelſten Vergnügen und hat au außerordentlich viel Anziehendes, weil es ſih hier um Geſchöpfe handelt, welche ihr Leben unter Umſtänden rect teuer zu verkaufen wiſſen.

Der Menſch iſt übrigens nur in den nördlichen Gegenden der ſ{<limmſte Feind der wild lebenden Schweine. Jn den Ländern unterhalb der Wendekreiſe ſtellen die großen Kaßenund Hundearten den dort wohnenden Arten eifrig nah und richten oft arge Verwüſtungen unter ihren Herden an. Füchſe, kleinere Kaßen und Raubvögel wagen ſich bloß an Friſchlinge und immer nur mit großer Vorſicht, weil, wie bemerkt, die Mutter ihre Kinderſchar kräftig zu verteidigen weiß.

Alle Schweine der Erde ähneln ſi in ihrem Leibesbaue und Weſen. Die geringen Unterſchiede, welche ſi feſtſtellen laſſen, beruhen auf der größeren Schlankheit oder Plumpheit des Baues, der Anzahl Zehen und Zähne und der Bildung der Hauzähne. 8 Schneidezähne, ein hauerartig na< oben gebogener Etzahn, 4 Lücken- und 3 Backenzähne in jeder Kieſerhälfte, alſo im ganzen 44 Zähne, 4 Zehen an jedem Fuße und meiſtens 10, mindeſtens 8 Zigen am Bauche des Weibchens, eiförmige, behaarte Ohren und mittellanger, am Ende buſchiger Schwanz kennzeichnen die Shweine im engſten Sinne (Sus), welche unſer Wildſchwein (Sus scrofa, Zus aper und fasciatus) würdig vertritt. Dieſes

Brehm, Tierleben. 83, Auflage, II. 33