Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Nabel- und Biſamſchwein: Verbreitung. Weſen. 535

Gedränge, die männlichen Tiere voran, jedes Mutterſhwein mit ſeinen Jungen hinter ſich. Man erkennt es ſchon von weitem dur< das Gehör, und zwar niht bloß wegen der dumpfen, rauhen Laute, welche die Tiere von ſih geben, ſondern noh mehr, weil ſie ungeſtüm das Gebüſch auf ihrem Wege zerknien.“ Bonpland wurde einmal von ſeinem indianiſchen Führer beim Pflanzenſuchen gebeten, ſih hinter einem Baume zu verſte>en, weil der Begleiter befürchtete, daß unſer Forſcher von einem Rudel dieſer Schweine zu Boden geworfen werden möchte.

Die Nabelſhweine gehen bei Tage und bei Nacht ihrem Fraße nah, und der Mangel an geeigneter Nahrung iſt es wohl auh, welcher ſie zu größeren Wanderungen zwingt. Baumfrüchte aller Art und Wurzeln bilden ihre Nahrung. JZhr Gebiß iſt ſo träftig, daß ſie, laut Schomburgk, mit der größten Leichtigkeit ſelbſt die härteſten Palmenſamen zu öffnen vermögen. Fn bewohnten Gegenden brechen ſie häufig in die Pflanzungen ein und zerſtören die Felder. Neben pflanzliher Nahrung ſollen ſie auh Schlangen, Eidechſen, Würmer und Larven freſſen. Fn ihren Bewegungen und ihrem Weſen ähneln ſie unſeren Wildſchweinen, zeigen aber weder die Gefräßigkeit noch die Unreinlichkeit derſelben, freſſen nie mehr, als ſie bedürfen, und ſuchen bloß während der größten Hite Waſſer, und au dann nur Vfüßen auf, um ſi in ihnen zu ſuhlen. Bei Tage verbergen ſie ſi gern in hohlen Stämmen oder zwiſchen loſen Wurzeln großer Bäume; wenn ſie gejagt werden, flüchten ſie ſi<h ſtets nah ſolchen S<hlupfwinkeln. Jhre Sinne ſind ſ{hwah, ihre geiſtigen Fähigkeiten gering. Gehör und Geruch ſcheinen am beſten ausgebildet zu ſein; das Geſicht iſt \{<le<t.

Manche Reiſende haben Wunderdinge von der Kühnheit dieſer Schweine berichtet; ruhige Beobachter urteilen maßvoller. „Als wir“, ſo erzählt Schomburgk, „eine der waldigen Daſen dur<ſ<hritten, hörte ih in der Ferne ein eigentümliches Getöſe, welhes ganz dem Gelärme galoppierender Pferde zu vergleichen war und uns immer näher zu kommen ſchien. Mit dem Ausrufe: „Poinka!! ſpannten die Fndianer ihre Flinten und Bogen und erwarteten die Annäherung der Lärmmacher, welche ſich au bald als eine unzählbare Herde von Biſamſchweinen erwieſen. Sobald dieſe uns erbli>ten, hielten ſie einen Augenbli> in ihrer wilden Eile an, ſtießen dann ein dem Grunzen unſerer Schweine ähnelndes Geſchrei aus und ſchi>ten ſih nun zur Flucht an. Unter ſhre>lihem Zähneklappern und Knirſchen ſtürzte das Heer an uns vorüber. Erſtaunt und gefeſſelt durch dieſe merfwürdige Unterbrechung unſerer ſo lautloſen Reiſe, hatte ih im erſten Augenblicke ſelbſt unter ſie zu ſchießen vergeſſen und wollte, da ih keinen Schuß von meinen Begleitern hatte fallen hören, eben das Verſäumte nachholen, als mir der zunächſt ſtehende Fndianer das Gewehr wegzog. Dies vermehrte mein Staunen no< mehr; bald aber ſollte ſi< mir das Rätſel löſen. Als die Hauptmaſſe der Herde an uns vorüber war, und die Nachzügler ſich näherten, wurden Gewehre und Bogen in Thätigkeit geſeßt, ſo daß wir vier Stü in unſere Gewalt bekamen. Merkwürdigerweiſe verhielten ſih unſere Hunde bei dieſem Vorübermarſche ebenſo ruhig wie wir und hatten ſih auf die Erde niedergelegt. Die Jndianer erzählten mir jezt, daß es meiſt mit der größten Gefahr verbunden ſei, in die Mitte einer ſolchen Herde zu ſchießen, indem ſich die Tiere dann nah allen Richtungen hin zerſtreuten und auf einer ſolhen Flucht jeden ihnen in den Weg kommenden lebendigen Gegenſtand niederriſſen und mit ihren Hauern vernichteten. Hamlet, welcher während des Vorüberzuges der erzürnten Menge zitternd und bebend neben mir geſtanden, bekräftigte dieſe Ausſage durch die Verſicherung, daß ſein Vater auf dieſe Weiſe ums Leben gekommen ſei, da er an einer Wunde, welche er von einem Kairuni erhalten, nachdem er in die Mitte einer ſolchen flüchtigen Herde geſchoſſen, habe ſterben müſſen. Werde dagegen unter die Nachzügler geſchoſſen, ſo ſeße die Hauptmaſſe ihren Lauf unbekümmert fort.“

Wie Schomburgk weiter mitteilt, wird die Jagd der Nabelſchweine von den Jndianern mehr als jede andere betrieben, weil ſie ſtets am ergiebigſten ausfällt. Die Hunde, welche