Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Flußpferd: Gefährlichkeit, Übertreibungen. 547

erging es uns bei allen Jagden, ſobald wir es niht mit Tieren zu thun hatten, denen wir no< unbekannt waren. Die übrigen waren ſo ſchlau geworden, daß ſie ſih niht ſelten diht am Ufer unter überhängendes Buſchwerk drückten und den Jäger in unmittelbarer Nähe ganz ruhig vorüberfahren ließen. Ein alter Bulle und ſeit Jahren bekannter Einſiedler im Banya, den ih an drei Tagen jagte, ohne einen Schuß anbringen zu können, äußerte ſeinen rieſenhaften Unmut über dieſe hartnätige Verfolgung mehrmals dadurch, daß ex in dem aufgewühlten Waſſer vollſtändige Purzelbäume ſ{lug, die allerdings komiſch genug ausſahen. Da wir in der Niederung allenthalben zu Waſſer herumſ<hweiften, fühlten ſich die Flußpferde bald niht mehr ſicher genug und zogen größtenteils in entlegene Tümpel oder in die Waſſerläufe des Gebirges. Dort fanden wir ſie nahmals in Menge zuſammengedrängt wieder, und die Eingeborenen erzählten uns, es habe eine förmlihe Einwanderung ſtattgefunden.

„Diejenigen Curopäer, welche niemals Hippopotamen jagten, teilen die öfters komiſch berührende Furcht vor ihnen mit vielen Eingeborenen; ſie ſcheuen das Rieſige und Unbekannte, ohne es zu prüfen. Die wenigen aber, welche ſie wie wir gejagt haben, konnten unſere Erfahrungen bloß beſtätigen. Für uns war die größte Sorge niht, uns vor den verrufenen Tieren ¿u [hüßen, ſondern ihnen ſo nahe zu kommen, daß wir eine tödliche Kugel anzubringen vermochten. Wir können verſichern, daß in den von uns bejagten Gewäſſern die Flußpferde den zuverſihtlih und bedaht vorgehenden Angreifer niht gefährden, wenigſtens niht abſihtli< — wobei freilich zu bemerken, daß wir Junge und Muttertiere ſtets verſchont haben. Ein blind und toll in unbändiger Wut umhertobendes mag auf Untiefen ein Fahrzeug wohl umſtürzen und dann vielleicht an ihm und den Inſaſſen ſeinen Zorn kühlen, doth iſt ein ſolher Zuſammenſtoß bei umſihtiger Führung und mit guten Ruderern unſchwer ZU Vvermeiden. Jh berichte einfah, was wir erlebten und beobahteten, und will die von anderen Reiſenden an anderen Orten gemachten Erfahrungen niht in Zweifel ziehen, wohl aber möchte ih betonen, daß die Neigung, vereinzelte und vielleicht niht einmal verſtändnisvoll aufgefaßte abenteuerlihe Vorgänge und Erlebniſſe unbeſchränkt zu verallgemeinern, gewiß niht dazu dient, rihtige Anſchauungen zu verbreiten. Wo Flußpferde durch feiges Benchmen der Menſchen dreiſt geworden ſind, da mögen ſie ſi< mit einem gewiſſen Übermute die Herrſchaft in ihrem Bereiche anmaßen; auch gebärden ſih Tiere der nämlichen Art je nah Umſtänden re<t verſchieden. Deshalb möchte ih niemand, der nicht ein geübter und beſonnener Jäger iſt und niht über gute Waffen und zuverläſſige Leute gebietet, verleiten, unvorſichtig die Gefahr heraufzubeſ<wören; es könnte ihm doh einmal übel ergehen. O. Lindner hat während dreier Jahre in der Kongo -Niederung zu Waſſer 49 Flußpferde erlegt und zur Ernährung ſeines Geſindes in der Faktorei verwendet. Dabei iſt es ihm dreimal geſchehen, daß wütend gewordene Tiere aus größeren Herden gegen ſein geräumiges Boot anſtürmten, es dur< Stöße weidlih erſhütterten und. einmal ſogar durch Viſſe am Hinterende beſchädigten. Da aber Lindner ſehr viele Jagden unternehmen mußte, um fo viel Beute zu gewinnen, ſind derartige Angriffe von ſtets erſt gereizten Tieren als verhältnismäßig ſehr ſeltene Vorkommniſſe zu betrachten.

„Durchaus unwürdig eines Weidmannes und bloße Tierquälerei iſt es, vom ſicheren Standorte aus weithin nah den auftauchenden Köpfen zu ſchießen. Die unter ſpizen Winkeln einſhlagenden Kugeln bereiten. den Rieſen nur Schmerzen / ohne ſie zu töten; derartig mißhandelte Tiere können nachher re<t wohl einmal Unſchuldige büßen laſſen. Wer ein Flußpferd erlegen will, der nehme eine ſchwere Büchſe und fahre auf 30 Schritt und no< näher hinan, um ſeines Schuſſes ſicher zu ſein, und ſende die Kugel dem ihn angloßenden Ungetüme in den Augenwinkel. Zu der Regel iſt jedes Stü, das niht unter Feuer verendet, deſſen Gehirn alſo vom Geſchoſſe nicht zerriſſen wird, dem Jäger verloren.

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