Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Dreizehnſe Ordnung. Die Waltiere (Cetacea).

Unter den Säugetieren ſind die Wale dasſelbe, was die Fiſche unter den Wirbeltieren: aus[<ließlih dem Waſſer angehörige und ſolchem Leben entſprechend gebaute Geſchöpfe. Die Robben verbringen wenigſtens noh ein Drittel ihres Lebens auf dem Lande, werden dort geboren und ſuchen es auf, wenn ſie die freundlichen Strahlen der Sonne genießen und ſ<lafen wollen ; bei den Sirenen iſt mindeſtens noh die Möglichkeit, das Ufer zu beſuchen, vorhanden: die Wale dagegen ſind ausſcließli<h dem Meere zugewieſen. Darauf deutet ſhon ihre Größe hin; denn nur das Waſſer geſtattet leichte Beweglichkeit ſolcher Rieſen und nur das unendlih reihe Meer gewährt ihnen die erforderliche Nahrung.

Warmes Blut, Lungenatmung, Säugen der Jungen und alle anderen weſentlichen Merkmale der Säugetiere teilen die Wale zwar mit den übrigen Ordnungen der Klaſſe. Jn jeder anderen Hinſiht weichen ſie aber noh weit mehr von den höheren Säugetieren ab als die Sirenen. Feder wenig gebildete Menſch, jedes noh in der Kindheit ſtehende Volk hat ſie den Fiſchen zugezählt und erſt die genaue Erforſhung ihres Weſens und Seins ihnen die Stellung angewieſen, welche ihnen gebührt.

Der Leib der Wale iſt maſſig und ungefüge, ohne alle äußere Gliederung; der oft unförmlih große und in der Regel ungleicſeitig gebaute Kopf geht ohne deutli zu unter[heidende Grenze in den Rumpf über, und dieſer läuft, nah hinten zu ſih verſhmächhtigend, in eine breite, wagere<hte Schwanzfinne aus. Die hinteren Glieder, welche, mit Ausnahme der Sirenen, alle übrigen Säugetiere kennzeichnen, fehlen gänzlich; die vorderen ſind zu Floſſen geworden: man muß ſie mit dem zergliedernden Meſſer unterſuchen, wenn man ſie als Hände erkennen will, und findet au< dann noch Eigentümlichkeiten ihres Baues auf. Eine hier und da vorkommende Fettfloſſe, welche längs des Nückens verläuft, trägt zur Vermehrung der Fiſchähnlichkeit dieſer Tiere bei. Jm übrigen kennzeihnen die Wale äußerlich der weitgeſpaltene, lippenloſe Mund, in welchem entweder eine ungewöhnlih große Menge von Zähnen oder aber Barten ſtehen, das Fehlen des inneren Augenlides, die Lage der Ziben hinten neben den Geſchlechtsteilen und eine dünne, glatte, weiche, fettige, ſamtartig anzufühlende, auênahmsweiſe an wenigen Stellen mit einzelnen Borſten bede>te Haut von düſterer Färbung, in welcher eine ſehr die Fettſchicht liegt, da es die auffallend verdi>te Lederhaut iſt, zwiſchen deren Zellen ſich das Fett eingelagert findet.

Auch in ihrem inneren Leibesbaue zeigen die Rieſen der See eigentümliche Merkmale. Die Knochen des Gerippes ſind dur loceren, ſhwammigen Bau ausgezeihnet und von flüſſigem Fette ſo innig durchdrungen, daß dieſes ihnen kaum entzogen werden kann, und ſie auh na< längerem Bleichen immer noch ein fettiges, gelbliches Ausſehen behalten;