Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

596 Dreizehnte Drdnung: Waltiere; zweite Familie: Glattwale.

ſehr plumpen, breiten, auf der Vorderſeite kaum, auf der Hinterſeite ſehr ſtar? geboge-: nen Bruſtfloſſengelenke unmittelbax hinter den Augen, ziemlih in der Mitte des Leibes, zeigen oben und unten einen kurzen, ſpindelförmigen Kiel und ſind am hinteren Ende in der gewöhnlichen Weiſe ſanft ausgeſchnitten. 300—860 (die Walfänger ſagen, ſoviele wie Tage im Jahre) Fiſchbeinplatten bilden die Bebartung; die mittelſten können beim „Hauptwale““ eine Länge von etwa 5 m erreichen und 3—8,5 kg das Stück wiegen. Die Zunge liegt, mit ihrer ganzen Unterſeite feſtgewachſen, unbewegli< im Kieſer und iſt weih. Mit Ausnahme einiger weniger Borſtenhaare an den Spigzen beider Kiefer und weiherer zu beiden Seiten des Hauptes ſowie einiger in 2 oder 3 Reihen ſtehender, fehr kurzer, oft ausfallender zwiſchen den Atemlöchern, iſt die Haut volllommen nat, die Oberhaut verhältnismäßig dünn, feſt, ſamtweich, ölgetränktem Leder vergleichbar; darunter liegt die 20 bis 45 ecm did>e Spe>lage. Die Färbung ſcheint vielfah abzuändern. Auf der Oberſeite des Kopfes herrſcht, nah Brown, ein milchiges Grauweiß vor, welches an der Spiße der Schnauze in einen etwa 15 em breiten, ſhwarzen Fle>en übergeht; weiter nah hinten zeigt der ganze Leib ſo ziemlih dieſelbe Färbung, ein mehr oder minder dunkles Blau, welches bei den Alten ins Schwarze, bei den Jungen ins Lichtblaue ſpielt. Bei älteren Walen verbreitet ſi die dunklere Färbung des Leibes auch auf die Kinngegend, während dieſe Teile bei jungen unregelmäßig weiß gefle>t zu ſein pflegen. Zwei gleihgefärbte Fle>en ſtehen gewöhnlich hinter dem Auge und Oberkiefer; etwas Weiß bemerkt man ebenſo an den Augenlidern und einige weiße unregelmäßige Zeihnungen an der Wurzel des Schwanzes. Außerdem kommen verſchiedene Spielarten vor: ſtark geſche>te und nahezu elfenbeinweiße. Die weiblichen Wale ſind in der Regel größer und fetter als die männlichen, ihre lichten Zißen, welche einem Kuheuter an Größe ungefähr gleihkommen, von einem weißen Hofe umgeben.

Unſer Tier bewohnt die nördlichſten Breiten des Atlantiſchen und Stillen Ozeans und _ das eigentliche Eismeer, ohne jedo< irgendwo einen beſtimmten Aufenthalt zu nehmen. Sein Vorhandenſein wie ſein Kommen und Gehen ſteht unzweifelhaſt in enger Beziehung zu der Beſchaffenheit des Eiſes während dieſer oder jener Jahreszeit. Alle genauen Beobachter meinen, daß er mehr als jeder andere an das Eis gebunden ſei, freiwillig nux in unmittel: barer Nähe desſelben ſi< aufhalte und nah Süden oder Norden hin wandere, je nahdem das Eis ſich bildet oder ſhmilzt. Seine Vorliebe für das Eis geht ſo weit, daß er nict allein eine Gegend ſofort verläßt, in welcher das Eis geſhmolzen iſt, ſondern auh zweifellos weite Stre>en unter den Eisflözen zurü>legen muß, weil man ihn inmitten ungeheuerer Cisfelder angetroffen hat, woſelbſt er genötigt war, zu den wenigen durch die Ebbe und Flut gebildeten Sprüngen und Niſſen zu kommen, um hier zu atmen. Nach Holböll, welcher zuerſt ausführlicher über ſeine Wanderungen berichtet, zieht der alte Nordwal in der Davi3ſtraße niemals ſüdlicher als bis an die Zu>erſpiße unter dem 65. Grade nördlicher Breite, und auc die jungen, beweglicheren, mehr und weiter umherſhwärmenden Tiere werden diesſeits des 64. Grades niht gefunden. Zwiſchen dem 66. und 69. Grade zeigen ſich Junge wie Alte regelmäßig nux in den Monaten Dezember und Januar, auf der ganzen zwiſchenliegenden Stre>e ungefähr gleichzeitig aus weſtliher und nordweſtliher Rihtung her erſcheinend und nunmehr längs der Küſte teils ſüd-, teils oſtwärts gehend. Bei Holſteinborg nimmt der Grönlandwal von jener Zeit ab bis zum März einen beſtändigen Aufenthalt zwiſchen den Buchten und Jnſeln, bekundet aber auch jeßt noch ſeine Vorliebe für das Eis, indem ex ſi< entweder an den weſtlichen, zur Zeit bis in die Davisſtraße ſich erſtre>enden, oder in der Nähe der in den Buchten liegenden Eisflöze aufhält. Wenn er die Küſte verläßt was im Süden der angegebenen Stre>en im Monat März, im Norden im Anfange des Julis geſchieht, zieht er nah Norden hinauf; hier, unter dem 71.—75. Grade nördlicher Breite, beobachtet man ihn ausſließlih im Sommer, nicht aber im Herbſte und Winter.