Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

598 Dreizehnte Drdnung: Waltiere; zweite Familie: Glattwale.

entſteht, wird bei ſtillem Wetter in großer Entfernung gehört, und die Kreiſe verbreiten ih auf eine anſehnliche Weite. Von einer Harpune getroffen, ſchießt er, wenn auh nur wenige Minuten lang, wie ein Pfeil in die Tiefe, mit einer Geſchwindigkeit, daß er ſih bisweilen die Kinnladen dur das Aufſtoßen auf den Boden zerbricht.“ Nach Brown betrifft lettere Angabe hauptſächlih jüngere Wale da die älteren ruhiger und fauler zu ſein pflegen als jene; doh iſt jeder im ſtande, weite Stre>en mit großer Schnelligkeit zurü>zulegen. Ungeſtört, nähert er ſih etwa alle 10—15 Minuten der Oberfläche, verweilt hier zwiſchen 1 und 3 Minuten, um zu atmen, und nimmt dann raſh nacheinander 4—6mal Luft ein. Der kaum geteilte Doppelſtrahl, welchen er bläſt, ſteigt niht ſelten bis 4 m in die Höhe und kann ſomit weithin geſehen merden. Scoresby gibt an, daß der Wal, auh wenn er auf Nahrung ausgeht, 15—20 Minuten, wenn er verwundet, aber ſogar eine halbe bis beinahe eine ganze Stunde unter Waſſer verweilen könne, und daß ein ſolcher, welcher etwa 40 Minuten lang unter Waſſer blieb, ganz erſchöpft wieder an die Oberfläche fomme. Scammon kennt nur einen einzigen Fall, daß ein alter verwundeter Wal, welcher bis zum Boden herabgetauht ſein mußte, weil er mit ſ{<hlammbede>tem Kopfe wieder erſchien, 1 Stunde und 20 Minuten unter Waſſer verweilt hatte und noh lebend, wenn auh ſehr erſchöpft, wieder zur Oberfläche empor kam.

Über die höheren Begabungen des Nordwales iſt niht viel zu melden. Unter den Sinnen ſcheinen nux Geſicht und Gefühl ziemlih ausgebildet zu ſein; doh nimmt man an, daß die Sinneswerkzeuge, ſolange das Tier unter Waſſer iſt, ihm genügende Dienſte leiſten und nur in der Luft dieſe verſagen. So ſoll der Wal andere ſeinesgleichen in erſtaunlicher Entfernung wahrnehmen können; über Waſſer dagegen ſoll ſein Auge nicht weit reichen. Das Gehör iſt ſo ſtumpf, daß ex, nah Scoresby, einen lauten Schrei, ſelbſt in der Entfernung einer Schiffslänge, nicht vernimmt; dagegen macht ihn bei ruhigem Wetter ein geringes Plätſchern im Waſſer, ein Poltern am Schiffe oder irgend welches Geräuſch in den jagenden Booten aufmerkſam und ſpornt ihn zur Flucht an. Unter ſeinen geiſtigen Eigenſchaften darf vor allent ſeine Anhänglichkeit an andere ſeinesgleichen und die auch bei ihm in bemerkenswertem Grade vorhandene Mutterliebe hervorgehoben werden. Von anderen Anzeichen des Verſtandes hat man niht viel beobachtet, immerhin aber feſtſtellen können, daß Erfahrung ſelbſt die als geiſtlos verſhrienen Wale wißigt. Soviel mir bekannt, hat man den Nordwal niemals brüllen“ hören; gleihwohl dürfte man nicht berechtigt ſein, mit Scoresby anzunehmen, daß er gar niht im ſtande wäre, irgend welche Laute hervorzubringen. Bei gutem Wetter hat man auh den Wal während ſeines Schlafes beobachtet. Er liegt dann wie ein Leihnam auf der Oberfläche des Waſſers, ohne ſih zu rühren, hebt die Spie ſeines Kopfes über die Wellen empor, atmet ruhig, ohne einen Strahl auszuwerfen, und hält ſi durch die Bruſtfloſſen im Gleichgewichte. Seine Nahrung beſteht vorzugsweiſe in kleinen Krebstieren, namentlih in verſchiedenen Arten von Spaltfüßlern und Weichtieren, insbeſondere N uderſhne>en, welche auf den olivengrünen Stellen des Meeres maſſenhaft gefunden werden. Abgeſehen von kleinen Arten, welche ſih zufällig in das weite Maul des Wales verirren und mit hinuntergeſhlu>t werden, verzehrt dieſer ſhwerlih Fiſche in erhebliher Menge und in keinem Falle große. Die Menge kleiner Seetiere, welche ein Wal zu ſih nimmt, um ſich zu ſättigen, entzieht ſich jeder Berechnung. Die Loſung iſt rot gefärbt.

Über die Fortpflanzung des Grönlandwales mangeln noh ausreichende und eingehende Beobachtungen. Nach den übereinſtimmenden Berichten Scoresbys und Browns fällt die Zeit der Paarung in die Monate Juni, Juli und Auguſt. Beide Geſchlechter bekunden währenddem lebhafte Erregung und gefallen ſih in allen Spielen und Künſten, welche man bei Walen überhaupt beobachtet. Die Paarung [ſelbſt geſchieht in aufrechter Stellung, wobei