Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

600 Dreizehnte Drdnung: Waltiere; dritte Familie: Delphine.

Obgleich ſich eine ſtetige Abnahme der Wale nicht in Abrede ſtellen läßt, darf man doch wohl kaum annehmen, daß der Nordwal in geraumer Zeit ausgerottet werden könnte. Seine unwirtliche Heimat bietet ihm noch immer allen Schiffen unnahbare Zufluchtsſtellen in Menge und bewahrt ihn vor dem ihm ſonſt ſicheren Schicfſale: ausgelöſcht zu werden aus der Reihe der Lebendigen.

Die erſte Familie der Zahnwale (Denticete) umfaßt die Delphine (Delphinidae), mittelgroße oder leine Wale, bei denen beide Kiefer in ihrer ganzen Länge oder in einem Teile derſelben mit faſt gleichartig gebildeten, mehr oder weniger kegelförmigen Zähnen beſet ſind, und deren Naſenlöcher in der Regel nur in einem einzigen querliegenden, halbmondförmigen mit den Spißen nach vorn gerichteten Atemloche münden. Der Leib iſt regelmäßig geſtre>t, der Kopf verhältnismäßig klein, der Schnauzenteil desſelben oft vorgezogen und zugeſpibt, eine Nückenfloſſe gewöhnlih vorhanden. Am Gerippe ſind bemerkenswert die Ungleichmäßigkeit des im ganzen pyramidenförmigen Schädels, deſſen rehte Seite an der hinteren Schädelwand und deſſen linke Seite im Schhnauzenteile mehr als die entgegengeſeßte

Gerivpe des Delphin3. (Aus dem Bexliner anatomiſhen Muſeum.)

entwi>elt iſt, die unter dem Oberkieferbeine verborgenen Stirnbeine, die oft verwalhſenden Hals- und die große Anzahl der übrigen Wirbel, der regelrehte Bau der Vorderglieder, welche aus je fünf Handwurzel- und Mittelhandknochen, auch ebenſo vielen drei- bis elfgliederigen Fingern beſtehen, unter den Weichteilen die außerordentlih weite Speiſeröhre, der dreifach geteilte Magen, der zwölfmal körperlange Darm 2c.

Die Delphine beleben alle Meere der Erde, unternehmen ebenfalls große Wanderungen, ſind aber die einzigen Wale, welche weit in den Flüſſen emporſteigen, ja ſelbſt ihre ganze Lebenszeit in ihnen und in den Seen, welche mit jenen zuſammenhängen, verbringen. Alle ſind im hohen Grade geſellig; manche ſchlagen ſi in ſehr ſtarke Scharen, welche dann tageund wochenlang miteinander im Meere hin- und herſtreifen. Kleinere Arten vereinigen ſich hierbei wohl au<h mit Verwandten zu Trupps, welche vielleicht wochenlang gemeinſchaftlih jagen und dabei, dem Anſcheine nach, von einem Mitgliede der Geſellſchaft geleitet werden. Die Lebhaftigkeit aller Delphine, ihre geringe Scheu vor dem Menſchen und ihre Spiele haben ſie ſchon ſeit uralter Zeit Schiffern und Dichtern befreundet.

Faſt alle Delphine ſhwimmen mit außerordentliher Gewandtheit und Schnelligkeit und ſind deshalb zum Fiſchfange im hohen Grade befähigt. Gerade ſie gehören zu den furhtbarſten Näubern des Meeres; manche Arten wagen ſich ſelbſt an den größten Bartenwal und wiſſen ihn, dank ihrer Ausdauer, wirklich zu bewältigen. Jhre Hauptnahrung bilden Kopffüßler, Weich-, Kruſten- und Strahlentiere; einzelne ſollen aber auh Seetange und Baumfrüchte zu ſih nehmen und dieſe ſogar von den Bäumen, welche ſih über das Waſſer neigen, abpflü>en. Gefräßig, raubgierig und grauſam ſind ſie alle. Was genießbar iſt erſcheint ihnen als gute Beute; ſie verſ<hmähen niht einmal die Jungen ihrer eigenen Art oder ihrer nächſten Verwandten. Zur Paarungszeit ſtreiten die Männchen um den Beſiß des Weibchens,