Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Grind: Verbreitung. Bewegungen. Fortpflanzung. Weſen. 615

Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe in verſchiedenen Tintenfiſchen; doh fand man in dem Magen getöteter auh Dorſche, Heringe und andere kleine Fiſche, Weichtiere und dergleichen. Über die Zeit der Fortpflanzung iſt man no< niht im klaren, und faſt will es ſeinen, als ob die Paarung an keinen beſtimmten Monat gebunden ſei, vielmehr während des ganzen Jahres ſtattfinden könne. Fn den nördlichen Meeren dürften die meiſten Fungen zu Ende des Sommers geboren werden, da man in den Spätherbſtmonaten und im Januar die meiſten ſäugenden Weibchen nebſt ihren Jungen beobachtet. Für das Stille Meer gilt dieſe Angabe jedo< niht; laut Scammon fand man in einem an der Küſte von Guatemala erlegten Weibchen im Februar einen faſt ausgetragenen Keimling von beinahe Meterlänge, während man im Südlichen Ei8meere um dieſe Zeit höchſtens halberwachſene Junge anzutreffen pflegt. Die Mutter liebt ihren Sprößling ebenſo warm und innig wie andere weiblihe Wale ihre Nahkommen und ſäugt ihn au< dann noh, wenn ſie, auf den Strand geworfen, ihrem Tode entgegenſieht.

Kein einziges anderes Waltier ſtrandet ſo häufig und in ſolcher Menge wie der Grind, deſſen Geſelligkeit ihm bei Gefahr regelmäßig verderblih wird; vielleicht iſt es nicht zu viel geſagt, wenn man behauptet, daß dieſer Wal ſeinen Tod nicht im Meere, ſondern am Lande findet. Kaum ein Fahr vergeht, in welchem nicht hier oder da eine größere oder geringere Anzahl auf den Strand läuft. Jm Jahre 1779 verunglückte eine Herde von 200, 1805 eine von 300 Stü> auf den Shetlandinſeln; in den Jahren 1809 und 1810 wurden 1100 Stü in einer nah den Grinden Walfjord genannten Bucht auf Fsland ans Ufer geworfen ; am 7. Januar 1812 ſtrandete ein Trupp von 70 Stü an der Nordküſte der Bretagne. Wohl die meiſten derartigen Vorkommniſſe werden aber gar nicht bekannt.

Grinde, niht aber Shwertwale, waren es wohl, welche am 24. November 1861 ſih in die Kieler Bucht verirrt und anfänglich die Fiſcher in niht geringen Schre>en verſetzt hatten. „Als es hell geworden war“, ſagt Möbius, welcher hierüber berichtet, „ſah man den ganzen inneren Teil der Bucht von ihnen belebt. Zu 4—6 nebeneinander gereiht, zogen ſie herein, dem Hafen zu. Ein Segelboot mit einigen Bootsleuten, welche am frühen Morgen, Möwen zu ſchießen, ausgeſegelt waren, folgte ihnen. FJhre ſhwarzen, ſäbelförmigen Rücenfinnen traten hoh aus dem Waſſer, wenn ſi< der gewaltige Rücken und dann der Kopf heraushob, um das Naſenloch an die Luft zu bringen. Alsdann verſhwanden ſie wieder. So wogte ihr ſ{<warzer Körper auf und nieder und ſeßte das Waſſer, in welchem ſie ſich kraftvoll tummelten, in Bewegung. Wenn ſie über der Oberfläche atmeten, hörte man ein ſtarkes Puſten, und ſtießen ſie im Niedertauchen die Luft aus den Lungen, ſo ſtieg ein Strahl von 1—1,s5 m Höhe empor. Je näher dieſe Rieſen der Stadt Kiel kamen, um ſo mehr Boote ſammelten ſi hinter ihnen; denn von beiden Ufern eilten Schiffer, Fiſher und Neugierige herbei. Sie ſollten in den ſ{hmälſten, ſeihteſten Teil der Bucht zum Stranden getrieben werden: das war der Plan, den die Fiſher ausführen wollten. Wirklich gelang es ihnen au<, gegen 30 Tiere von der wohl mehr als fünffah ſtarken Schax, welche ſih in der Bucht verteilt hatte, abzuſchneiden und vor ſih her in den Hafen zu treiben. Schon waren ſie hinter den Schiffen, als unvermutet zwei Boote vom Lande ſtießen und gerade auf die Herde zufuhren. Da ſtob ſie auseinander, warf eines jener Boote in die Höhe, ſo daß es faſt umfiel, und floh zwiſchen und unter den Fiſcherbooten ins Weite. Man hieb und ſ{hoß nah den Fliehenden, von denen einer auf 8—10 m weit über das Waſſer hin ſprang, und brachte endlich drei in ſeihtes Fahrwaſſer. Allein von dieſen entkamen doh noh zwei, ſo daß nur einer im flahen Schlamme in der Spiße der Bucht ſtrandete. Zahlreiche Stiche und einige Beilhiebe auf den Kopf töteten den Gefangenen, und er verſchied unter lautem RNöcheln, welches dem Brüllen eines Bären glih, während dampfend warmes Blut aus dem Rachen und den Wunden floß.“