Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

614 Dreizehnte Ordnung: Waltiere; dritte Familie: Delphine.

zunehmen, durhgehends jedoch kaum mehr als 1 em über dem Zahnfleiſche hervorragen, auth ſehr hinfällig zu ſein ſcheinen, indem ſie ſih niht allein leicht abnugßen, ſondern ebenſo im Alter oft ausfallen. Die kahle, glatte und glänzende Haut iſt oberſeits tiefſ<warz, unterſeits grauli<ſ<warz gefärbt, ziemlih regelmäßig aber auf der Unterſeite des Halſes mit einem breiten, weißen, herzförmigen Fle>en geziert, deſſen Spiße ſich nah rü>wärts kehrt, bei einzelnen Stü>ken au< wohl in einen ſ{<malen, bis hinter die Geſhlechtsteile ſih ausdehnenden Streifen übergehen kann. Sehr alte Männchen erreichen eine Länge von 6—T7 m, die Mehrzahl bleibt jedo< hinter dieſen Maßen um 1—1»s m zurü>. Bei einem 6 m langen Grinde beträgt der Umfang des Leibes an der di>ſten Stelle 3 m, die Länge der Bruſtfinne 1,6 m, die größte Breite derſelben 50 cm, die Höhe der Rüdenfinne 13 m die Breite der Shwanzfinne 1,8 m. -

Obwohl der Grind faſt alljährlich an dieſer oder jener nordiſchen Jnſel, durch eigenes Ungeſchi> oder vom Menſchen getrieben, auf den Strand läuft, haben wir doch über ſein Werden und Sein, ſein Leben und Treiben im hohen Meere, ſein Weſen und Gebaren bis jegt nur ſehr dürftige Nachrichten erhalten. Als ſeine wahre Heimat haben wir das Nördliche Cismeer und au< den nördlichen Teil des Stillen Meeres anzuſehen. Vom Eismeere aus dur<ſ<wärmt er ebenſo den nördlihen Teil des Atlantiſhen Meeres unter Umſtänden ſelbſt bis zur Breite der Straße von Gibraltar vordringend, folgt aber hierbei ‘niht mit derſelben Beſtimmtheit wie andere Wale gewiſſen Straßen. Jm großen Weltmeere ſcheinen die Verhältniſſe etwas anderer Art zu ſein: laut Scammon begegnet man ihm vorzug8weiſe da, wo au< der Pottwal vorkommt, niht allzu ſelten aber, zu zahl: reichen Herden geſchart, in der Nähe der Küſte und zwar in den nördlichen Teilen des Weltmeeres ebenſowohl wie unter den niederen Breitengraden. Geſelliger als ſeine Familienund Ordnungsverwandten, lebt er ſtets in Trupps und Herden, welche von 10—20 zu 1000 und mehr anſteigen können, wie es ſcheint, von alten, erfahrenen Männchen geleitet werden und dieſen mit derſelben Gleichgültigkeit, rihtiger Kopfloſigkeit, nachfolgen wie die Schafe ihrem Leithammel, wäre es au< zu ihrem Verderben. Sie ſ{wimmen mit bemertlicher Regelmäßigkeit und Stetigkeit dur<h die Wogen, laut Pehuel-Loeſche, nah Art anderer Delphine, indem ſie nah jedem Blaſen „runden“ und, diht unter der Oberfläche hinziehend, zum Blaſen kurz auftauchen, hierbei, dur<ſchnittli<h 8$—10mal na<einander, unter ſcharfem Geräuſche einen dünnen, etwa meterhohen Strahl auftreiben. Wenn ſie ſehr ſ{<hnell ſ{wimmen, erheben ſie ſih oft ſo weit über die Oberfläche, daß der größte Teil des Kopfes und ein guter Teil des Leibes ſihtbar wird. Bei gutem, vollkommen ſtillem Wetter ſieht man, insbeſondere in niederen Breiten, nicht ſelten eine ganze Herde in wirrem Durcheinander förmlich gelagert, d. h. ohne jegliche Bewegung auf einer und derſelben Stelle liegend, ohne mit dem Kopfe unterzutauchen, alſo wohl behaglicher Nuhe ſih hingebend. Zu anderer Zeit gewahrt man einzelne, welche eine vollkommen ſenkrechte Stellung angenommen haben und den größten Teil des Kopfes aus dem Waſſer herausſte>en. An Schwimmfertigkeit ſtehen die Shwarzwale nicht hinter ihren größeren Verwandten zurü>, ſcheinen ſih jedo< niht in dem Grade wie dieſe in Spielen und Gaukeleien zu gefallen. „Jh habe“, bemerkt Pechuel-Loeſche, „ſie nux einmal ſpielen und ſpringen ſehen, und zwar während eines ſ{hweren Sturmes. Wir hatten beigedreht, um dieſen auszuwettern, und ſahen plößlih diht am Schiffe eine enggeſhloſſene Schar von mehreren hundert Stück in größter Eile gegen die hohgehende See anſhwimmen, indem ſie ſih im tollſten Übermute den heranrollenden Wellen entgegenwarfen, dieſe durchſchnitten und ſih auf der anderen Seite in höchſt drolliger Weiſe herausſchnellten. Sie ſchienen ſih an Kühnheit der Sprünge und Seltſamkeit der Stellungen gegenſeitig überbieten zu wollen, ſ<hwammen mit ſih gleihbleibender Eile weiter und entſhwanden endlih unſeren Blicken.“