Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Pottwal: Verbreitung. Leben3weiſe. Bewegungen. 635

von ſeinem Vorkommen in ho<hnordiſchen Breiten gründet ſih wahrſcheinlih auf die Thatſache, daß in früheren Zeiten, als die Walfänger ſo gut wie ausſ<hließli< das Nördliche Eismeer aufſuchten, ſie dort gelegentli<h auh einen Pottwal erlegten oder doh ſahen, wobei denn freili<h mancher Frrtum vorgekommen ſein mag. Demungeachtet kann niht in Abrede geſtellt werden, daß der Pottwal wenigſtens in früherer Zeit, als ex noch zahlreicher vorkam, nicht allzu ſelten in auffällig hohen Breiten gefunden worden iſt und dort auh gegenwärtig no< man<hmal beobachtet wird, daß er ſi< überhaupt in den gemäßigten oder ſelbſt in den kalten Gürteln niht minder wohl zu fühlen ſcheint als unter den ſenkre<ht herabfallenden Strahlen der Sonne in den Gleichermeeren. Nur darf man die Anzahl jener weit gewanderten oder verſprengten Tiere niht mit der Menge derer vergleichen, welche die warmen Gewäſſer überhaupt niemals verläßt. Als die eigentliche Heimat des Pottwales hat man, laut Pechuel-Loeſche, die zwiſchen dem 40. Grade nördlicher und ſüdlicher Breite gelegenen Meere zu betrahten, von denen aus er, warmen Strömungen folgend, unregelmäßig na< Norden und Süden hin bis zu dem 50. Breitengrade und gelegentlih auch darüber hinaus wandert. Aber alle Stücke, die etwa unter dem 55. bis 60. Grade nördlicher oder ſüdlicher Breite und no< weiter vom Gleicher ab wirklih beobachtet worden ſind, dürfen bloß als Frrlinge angeſehen werden; Trupps oder Herden, ſogenannte „Schulen“, hat in dieſen Gebieten gewiß noch kein erfahrener und zuverläſſiger Walfänger gefunden oder gejagt. Ebenſo hat man Pottwale bisher noh nicht in den Gewäſſern um die Südſpite Afrikas, wohl aber in denen an der Südſpiße Amerikas erbeutet. Fn der Davisſtraße und Baffinbai gehört er, wie Brown ausdrüclih hervorhebt, zu den ſeltenſten Erſcheinungen. „Wie es auch früher geweſen ſein mag“, ſagt unſer Gewährsmanu, „gegenwärtig kennen ihn die Großfiſcher der Davisſtraße nur no< dem Namen nach, und viele von ihnen belächeln die Angabe, daß er ein ſtändiger Bewohner jener Meeresteile ſein ſoll. Selbſt unter den Eskimos lernte ih bloß einzelne fennen, welche von ihm dur< Überlieferung no< etwas wußten, und ungeachtet aller Nahforſhungen erfuhr ih von niht mehr als einem Falle, daß in der Neuzeit, und zwar im Jahre 1857, ein Kegutilik an der Küſte von Grönland gefangen worden war.“

Nach Art der Delphine zieht der rieſige Wal in enggeſchloſſenen „Schulen““ oder Scharen von beträchtlih abändernder Stärke dur<h das Meer, die tiefſten Stellen desſelben auswöhlend. Gern treibt er ſi< in der Nähe der ſteilen Küſten umher, ängſtlih aber vermeidet er die ihm ſo gefährlichen Untiefen, obwohl er auch dort gelegentlih auftau<ht. Die Walfänger berichten, daß jeder Schule immer ein großes, altes Männchen, der „Schulmeiſter“, vorſtehe, welches den Zug leite und die Weibchen und die Jungen, aus denen die übrige Herde beſtehe, vor den Angriffen feindlicher Tiere ſhüßge. Alte männliche Pottwale durchſ<weifen wohl auch einzeln die Flut oder ſharen ſi< wenigſtens nur in kleine Geſellſchaften. Die Schulen beſtehen meiſt aus 20—30 Mitgliedern; zu gewiſſen Zeiten ſollen ſih aber auh mehrere Herden vereinigen und dann zu Hunderten gemeinſchaftlich ziehen. Scammon beſtätigt im weſentlichen dieſe Angaben. Nach ſeinen Erfahrungen ſicht man oft Herden von 15, 20 bis zu Hunderten bei einander, und wenn au< die Männchen während des größten Teiles des Jahres einzeln angetroffen werden, mangelt es doh nicht an Fällen, daß ſich mehrere der Ungetüme zuſammenſchlagen und nah und nach ebenfalls namhafte Geſellſchaften bilden. Fn das Führeramt der aus männlichen, weiblichen und jungen Tieren zuſammengeſeßten Herden teilen ſi< in der Regel mehrere alte Männchen, vielleicht {hon aus dem Grunde, daß die Weibchen, welche Junge haben, ſi<h um nichts anderes als um dieſe befümmern. Die jungen Männchen bilden zeitweilig beſondere Herden, welche ſich möglicherweiſe bis zur Mannbarkeit nicht trennen.

Hinſichtlich ſeiner Bewegungen gibt der Pottwal den ſchnellſten Mitgliedern ſeiner Ordnung wenig nah. Schon bei ruhigem Schwimmen legt er 3—6 Seemeilen in der Stunde