Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

636 Dreizehnte Ordnung: Waltiere; ſe<ſte Familie: Pottwale.

zurüd, erregt aber jagt er dur die Fluten, daß er das Waſſer wie ein Dampfer aufpflügt. Schon von ferne erkennt man ihn an ſeinen Bewegungen. Bei ruhigem Schwimmen gleitet er leiht unter der Waſſerfläche dahin, bei ſchnellerem ſchlägt er ſo heftig mit dem Schwanze auf und nieder, daß ſein Kopf bald tief untexrſinkt, bald wieder hoh emportauht. Gar nicht ſelten ſtellt er fi< ſenkre<t in das Waſſer, entweder den Kopf oder die Shwanzfinne hoh über den Spiegel emporhaltend und hierdur< von den meiſten anderen Walen ſich unterſcheidend; ja es kommt auch vor, daß er plößli<h mit großer Wucht über das Waſſer emporſchnellt, zwei-, dreimal hintereinander, und ſi< dann für längere Zeit tief in die Fluten verſenkt; wiederholt geſtört und beläſtigt, nimmt er ebenfalls eine ſenkre<hte Stellung an, hebt den Kopf hoh über das Waſſer, um zu ſichern, oder dreht ſi<, wenn er wageret an der Oberfläche liegt, zu gleihem Zwe>e um ſi ſelbſt herum. Beim Spielen re>t er bald die eine, bald die andere Bruſtfloſſe in die Luft und ſchlägt hierauf mit großer Kraft gegen das Waſſer oder peitſcht mit dem Schwanze die Flut, daß man es weithin tlatſhen hört und mächtige, weißſhimmernde Waſſergarben aufſchießen, welche an klaren Tagen wohl 10 Seemeilen weit geſichtet werden können und erfahrenen Walfängern als gute Zeichen dienen. Jn der Regel ſchreibt man dieſes abſonderliche Treiben des Ungetümes dem Beſtreben zu, ſi< von einem ihn ſehr quälenden Schmaroßer zu befreien; allein man findet ſelten eins von denjenigen Tieren, welche andere Wale in ſo hohem Grade behelligen, auf ſeiner Haut und kann deshalb doh wohl nur annehmen, daß er derartige Übungen zu ſeinem Vergnügen oder zu ſeiner Unterhaltung ausführt.

Die Mitglieder einer Geſellſchaft „ordnen ſi oft“ wie Pehuel-Loeſche ſchildert, „in Reihen hinter- und nebeneinander, als befänden ſie ſi< auf einem Übungsmarſche; die Reihen tauchen dann zu gleicher Zeit auf und nieder und blaſen ganz übereinſtimmend; derartig ſih bewegende Tiere ziehen auh in gerader Richtung fort und befinden ſi<h wahrſcheinli<h auf der Wanderſchaft. An windſtillen Tagen liegen Pottwale wohl auc gänzlich bewegungslos im Waſſer und laſſen ſi< von der Dünung wiegen oder ſte>en, ſich aufrecht in der Flut haltend, die Köpfe in komiſcher Weiſe ho< heraus. Man könnte dann glauben, die Enden rieſiger Baumſtämme oder die Hälſe ungeheurer Flaſchen zu erbli>en, die in der hebenden Flut leiſe auf und nieder ſchaukeln.“ Unter allen Walen gibt es nah dieſem Gewährsmanne und Scammon nicht einen einzigen, welcher ſih ſo regelmäßig bewegt und ſo regelmäßig atmet wie der Pottwal. Wenn er auftaucht, wirft er einen nah vorn und links gerichteten einfahen, durWſchnittlih nur meterhohen, aber di>en und buſchigen Atemſtrahl, welcher vom Maſte auf 3—5 Seemeilen ſichtbar iſt. Hat ex Eile, ſo genügen ihm 2—(4 Sekunden zum Luftwechſel, und er bläſt dann puffend; zieht er aber gemächlich entlang, ſo- nimmt er ſih die doppelte und dreifache Zeit zum Aus- und Einatmen. Die Anzahl der Atemzüge hängt von der Größe des Tieres ab, ſcheint aber bei einem und demſelben Stücke, ſolange es ungeſtört iſt, bei jedem Verweilen an der Oberfläche gleih groß zu ſein, ebenſo wie auch die Zeitabſchnitte, während welcher es ſich in der Tiefe aufhält, einander entſprehen. Weibchen und Junge beiderlei Geſchlechtes ſind darin niht ſo ausdauernd und regelmäßig wie alte Bullen. Leßttere blaſen etwa 10—15 Minuten lang 40—60- und auh 70mal nacheinander, dann „runden“ ſie, ſtre>en die Schwanzfloſſe in die Luft und fallen, ſowie ſie eine mehr oder weniger ſenkrechte Stellung erlangt haben, mit großer Schnelligkeit in die Tiefe hinab, in welcher ſie nunmehr 20—40 und 50 Minuten verweilen, bevor ſie wieder auftauhen. Während Scammon im Jahre 1853 in der Nähe der Schildfröteninſeln kreuzte, wurde ein großer Pottwal gefangen, nahdem man ihn von 11 Uhr vormittags bis 4 Uhr nahmittags verfolgt hatte. Jm Laufe dieſer Zeit blies er ſehr regelmäßig 55mal bei jeder Erhebung und verweilte dann jedesmal 55 Minuten unter Waſſer, hier wie an der Oberflähe dur<hſchnittlih 3 Meilen in der Stunde zurülegend. Kleinere